vorgetäuscht werden. A priori ist aber anzunehmen, dass dieser psychopathische Zustand stets ab origine besteht. Die Begründung dieser Annahme s. unten.

Die sadistischen Akte sind dem Grade ihrer Monstrosität nach verschieden, je nach der Macht des perversen Triebes über das ergriffene Individuum und der Stärke der noch vorhandenen Widerstände, welche fast immer durch originäre ethische Defekte, erbliche Degenereszenz, moralisches Irresein, mehr oder minder herabgesetzt sind. So entsteht eine lange Reihe von Formen, welche mit den schwersten Verbrechen beginnt und bei läppischen Handlungen endigt, die dem perversen Bedürfnisse des Sadisten eine bloss symbolische Befriedigung gewähren sollen.

Die sadistischen Akte können ferner noch ihrer Art nach unterschieden werden, je nachdem sie entweder nach konsumiertem Koitus, durch welchen die Libido nimia noch nicht gesättigt ist, vorgenommen werden, oder, bei gesunkener Potenz, präparatorisch zur Aufstachelung der gesunkenen Kraft verwendet werden, oder endlich, bei gänzlich fehlender Potenz, als Aequivalent an die Stelle des unmöglich gewordenen Koitus, zur Erzielung der Ejakulation treten. In den beiden letzteren Fällen besteht jedoch trotz der Impotenz noch heftige Libido, oder hat wenigstens beim betreffenden Individuum zur Zeit bestanden, als sadistische Akte gewohnheitsmässig wurden. Sexuelle Hyperästhesie ist immer als Basis sadistischer Neigungen zu betrachten. Die Impotenz, welche bei den hier in Betracht kommenden psycho- und neuropathischen Individuen, infolge ihrer meistens von früher Jugend an geübten Exzesse, so häufig ist, wird in der Regel spinale Schwäche sein. Manchmal mag auch eine Art psychischer Impotenz eintreten, durch die Konzentration des Denkens auf den perversen Akt, neben welchem das Bild der normalen Befriedigung verblasst.

Wie immer die Tat äusserlich beschaffen sein mag, für ihr Verständnis wesentlich ist immer die seelisch-perverse Veranlagung und Triebrichtung des Täters.

a) Lustmord 1) (Wollust potenziert als Grausamkeit, Mordlust bis zur Anthropophagie).

Am grässlichsten, aber auch am bezeichnendsten für den Zusammenhang zwischen Wollust und Mordlust ist der Fall des Andreas Bichel, den Feuerbach in seiner "aktenmässigen Darstellung merkwürdiger Verbrechen" veröffentlicht hat.


1) Vgl. Metzgers ger. Arzneiw., herausgegeben von Remer, p. 539 Kleins Annalen X. p. 176, XVIII, p. 311. Heinroth, System der psych. ger. Med. p. 270. Neuer Pitaval 1855. 23. Th. (Fall Blaize Ferrage).

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