gonen und Nachahmer, sind gewiss im grossen und ganzen mehr fromme Wünsche, wirklichkeitslose, idealisierte oder stilisierte Phantasiegeschöpfe ihrer dekadenten Verfasser - Wunschmaide oder Walküren, in denen diese traurig gestalteten Helden ihr eigenartiges Weibideal sehnsüchtig verkörpern. Das „sadistische Weib“ ist - in der Literatur sicher, und bis zu einem gewissen Grade wohl auch im Leben - eine Schöpfung des masochistischen Mannes. Da der „Masochist“ zu seiner Anregung und Befriedigung ein Weib braucht, das ihn wie einen Hund oder schlimmer als einen solchen behandelt und prügelt, so erschafft er sich, wie Pygmalion die geliebte Galathee, für Kunst und Leben Weiber nach seinem Bedarf und stattet sie mit den unentbehrlichen Attributen, auch mit dem ganzen hoheitsvollen Nimbus aus, den sie für ihn haben müssen, um ihn in der zu seiner Beglückung erforderlichen Weise als gebietende Herrin und Sklavenbeherrscherin ausgiebigst zu malträtieren. So Sacher-Masochs Frauen, seine Venus im Pelz, seine afrikanische Semiramis, die Heldinnen seiner nachgelassenen Novellen, eine Lola, Theodora, Ilona, Materna usw., so auch Schlichtegrolls Hexe von Klevan und die Pfannenbergerin seines Ulrich von Lichtenstein. Diesen psychologischen Fehl- und Missgeburten würdig zur Seite stehen jene stolzen Frauen und governesses des, wie es scheint, eine englische Spezialität bildenden masochistischen Erziehungsromans, die die ihnen anvertrauten jungen Lords (solche müssen es immer sein) in Weiberkleidung, mit enggeschnürten Korsetts (vgl. S. 71) unter der Rute und mit den demütigendsten Dienstleistungen und Huldigungen aufziehen - um übrigens am Schlusse die Sonne ihrer höchsten Gunst über (oder unter) ihnen leuchten zu lassen. Viel tiefer erfasst wird der Typus einer echten „Sadistin“ neuerdings von dem bedeutenden französischen Novellisten Octave Mirbeau in seinem als Lektüre freilich fast unerträglichen „Jardin des supplices“. Seine Sadistin repräsentiert den Typus der sexualperversen Hysterischen - allerdings auch zugleich der Beherrscherin des schwachen, verliebten und darum ihr gegenüber willenlosen Mannes. Nun gibt es ja leider Hysterische mehr als genug; auch gibt es in gewissen Gesellschaftsschichten unserer Grossstädte Damen genug, die gern die „Perverse“ in irgend einer Form spielen oder wenigstens markieren möchten - wie es bekanntlich Verbrecher genug gibt, die mit Vorliebe den „wilden Mann“ spielen. Man merkt diesen Damen die Mühe an, die sie darauf verwenden, auf Stucks Sünde oder auf Klingers Salome und verwandte Kunstschöpfungen zu posieren oder sich in ihren zur Schau getragenen Gefühlen auf gewisse dramatische Ibsen- und Sudermann-Heldinnen hinauszuspielen; wobei sie glücklicherweise zumeist doch in der Philisterei stecken

« 86 »

Inhaltsverzeichnis - bisam@daten-schlag.org