Es ist überhaupt eine ganz merkwürdige Erscheinung, dass ich im normalen Zustand stets immer vollständig anders denke und empfinde als im sinnlich erregten. Im normalen Zustande bin ich zum Beispiel ein ganz unbedingter Gegner der Prügelstrafe, Anhänger der Theorie, dass sich menschliche Fehler nur durch überzeugende Aufklärung und nie durch Gewalt oder zum Widerspruch reizender Verbote bessern lassen. Ich bin also ein geradezu begeisterter Anhänger aller freiheitlichen Bestrebungen, ein "Verteidiger der Menschenrechte" - und doch, trotz alledem, finde ich zu anderer Zeit Genuss im Gedanken an Sklaverei, an menschenunwürdiger Behandlung.

Wegen meiner konträren Geschlechtsregungen muss ich endlich noch einige Angaben über meinen Charakter und mein gesellschaftliches Verhalten machen.

Ich fühle mich in geistiger Beziehung stets als Mann, in geschlechtlicher als Neutrum. Der normale Koitus war, wir ich nochmals betone, ebensowenig wie der päderastische jemals Gegenstand meiner Phantasie. Geistigen Verkehr pflege ich am liebsten mit intelligenten und ernsten Männern, also meist mit älteren Herren, oder auch mit männlich gebildeten Frauen energischen Charakters. Mit Kollegen habe ich fast gar keinen Umgang, in Gesellschaft von Durchschnittsdamen oder von flachen, geckenhaften Männern bin ich, weil ich nichts weiss, was die Leute interessiert, viel befangener als im Verkehr mit Menschen, die mir durch ihren überragenden Geist imponieren.

Das Weib ist mir durchaus nicht ekelhaft. Ich bewundere sogar seine körperliche Schönheit, jedoch nur so, wie ich eine schöne Landschaft, eine Rose, ein neues Haus bewundere. - Ich kann ganz ruhig Sexuelles besprechen, ohne zu erröten und ohne dass jemand ahnt, was in mir steckt.

Als Kind sadistische Gefühle, zur Pupertätszeit masochistisch.

Beobachtung 90. Herr X., 28 J. "Schon als Knabe von 6-7 Jahren hatte ich Gedanken pervers-sexuellen Inhalts: ich stellte mir vor, ich hätte ein Haus, in welchem ich junge, hübsche Mädchen gefangen hielte und die von mir jeden Tag auf das nackte Gesäss geschlagen würden. Ich fand auch bald darauf einige gleichgesinnte Knaben und Mädchen, die wir dann häufig Räuber und Soldaten spielten, wobei die gefangenen Räuber auf den Dachboden geführt und dort auf das nackte Gesäss geschlagen und hernach wohl auch liebkost wurden. Ich weiss genau, dass es mir damals nur Lust bereitete, wenn ich Mädchen schlagen konnte. Während ich nun älter wurde (10-12 Jahre), stellte sich bei mir, ohne irgend welche andere Veranlassung, die umgekehrte Begierde ein, wobei ich mir vorstellte, dass ich von Mädchen auf das nackte Gesäss geschlagen würde. Ich stand oft vor den Plakaten von Menagerien, wo eine robuste Tierbändigerin abgebildet war, die ihre Peitsche auf einen Löwen niedersausen liess und stellte mir vor, ich wäre der Löwe und würde von der Bändigerin gezüchtigt; stundenlang stand ich vor den Ankündigungen einer Indianergruppe, wo eine halbnackte Indianerin abgebildet war, wobei ich mir dachte, ich wäre ein Sklave und müsse meiner Herrin alle möglichen abscheulichen Dienste verrichten und da ich mich weigerte, dies zu tun, wurde ich von ihr aufs grausamste misshandelt, was bei mir immer auf das nackte Gesäss gegeisselt werden bedeutete. Ich las zu dieser Zeit meist Foltergeschichten, wobei ich besonders bei jenen Stellen verweilte, wo Leute geschlagen werden. Bis dahin war ich in Wirklichkeit niemals geschlagen worden, ja es würde mich dies sehr verdrossen haben. In meinem 15. Lebensjahre wurde ich von einem Kameraden zum Onanieren verleitet, welcher Untugend ich seither sehr häufig, meist in Verbindung mit meinen pervers-sexuellen Ideen huldigte. Der Trieb, diese meine Ideen zu verwirklichen, wurde in mir immer lebhafter und mit 16 Jahren forderte ich ein mir sympathisches Dienstmädchen, mit welchem ich ein platonisches Liebesverhältnis

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