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Körperverletzung - objektiver Tatbestand

Weiters muß nun untersucht werden, in wie weit sadomasochistische Handlungen den objektiven Tatbestand der KV gemäß § 83 Abs 1 bzw Abs 2 StGB erfüllen. Tatobjekt ist "ein anderer" Mensch. Geschütztes Rechtsgut ist die körperliche Integrität unter Einschluß des gesunden Wohlergehens.

Abs 1: Das den Abs 1 charakterisierenden Merkmal ist der alternativ gefaßte tatbestandsmäßige Erfolg. Er besteht entweder in der Verletzung am Körper, dh die Beeinträchtigungen der körperlichen Unversehrtheit, also das Zufügen von Wunden, Schwellungen, Verstauchungen etc, die nicht ganz unerheblich sein dürfen. Es herrscht aber immer noch Uneinigkeit über die normative Begrenzungn darüber welche Verletzung als ganz geringfügig anzusehen und ab wann eine Verletzung im Sinne des § 83 StGB anzunehmen ist. Die Rechtsprechung zieht des öfteren härtere Schlüsse als zB die Lehre, welche auch noch minimale Hautabschürfungen und leichtes Nasenbluten, Striemen und Zerrungen als geringfügig erachtet. Unbestritten ist aber, daß die Zuziehung akuter medizinischer Hilfe (Arzt, Sanitäter) eine Verletzung im Sinne von § 83 StGB indizieren kann. Schmerzen sind eine regelmäßige, aber keinesfalls notwendige Begleiterscheinung einer Verletzung am Körper.

Oder er besteht in einer Gesundheitsschädigung, wobei es primär um eine Funktionsstörung geht. Diese ist entweder die Folge einer zugefügten Verletzung oder einer dadurch herbeigeführten oder verschlimmerten Krankheit bzw eines krankheitsähnlichen Zustandes - zB die Ansteckung mit einer Krankheit, die erst später ausbricht -. Unbestritten ist, daß neben körperlichem auch geistig-seelisches Leiden in Betracht kommt.2.26 Auch hier wird bei der normativen Begrenzung betont, daß eine bloß vorübergehende und ganz unerhebliche Beeinträchtigung des körperlichen und seelischen Wohlbefindens nicht genügt.

Abs 2: Mißhandlung, welche keine Verletzung nach Abs 1 darstellt, bedeutet: "Jede üble, unangemessene Handlung, die das körperliche Wohlbefinden - durch das Einwirken mit physischer Kraft auf den Körper - nicht unerheblich beeinträchtigt."2.27 Es werden aber nicht bloße und vorübergehende Beeinträchtigungen des Aussehens oder die Beeinträchtigung allein des psychischen Wohlbefindens darunter verstanden.

Als generelles Problem ist wohl vorerst zu erörtern, ob es im Zusammenhang von sadomasochistischen Handlungen überhaupt zu einer körperlichen Mißhandlung kommen kann.

Läßt man außer Betracht, daß die Mißhandlung schon alleine deswegen vorliegen kann, weil mit physischer Kraft auf das Opfer eingewirkt wird, kann man unzweifelhaft behaupten, daß das Wohlbefinden des Bottom in keinster Weise beeinträchtigt wird, da durch die sadomasochistischen Handlungen ein Lustgewinn - der ja bekanntlich das Wohlbefinden enorm steigert - erreicht wird, welcher durch diesen ja geradezu bezweckt wird. Hier muß also gefragt werden, ob über die Mißhandlung aus der subjektiven Sicht des Verletzten oder aus der objektiven Sicht des zufälligen Betrachters geurteilt werden muß und kann.

Zu diskutieren ist hier wohl, ob die "Behandlung" des Spanking, um nur eine Art zu nennen, welche unbestreitbar dazu dient, dem M ernsthaft weh zu tun, unter eine Mißhandlung im technischen Sinne des Strafgesetzes fällt, da ja unbestritten keine Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens eintritt, vielmehr eine sexuelle Stimulation für den Lustgewinn, die vom solcherart behandelten geradezu gewünscht wird.

Als weiteres Beispiel könnte auch Bondage angeführt werden. Die Fesselung des Opfers allein kann bei normalem Verlauf weder zu einer Verletzung noch zu einer körperlichen Mißhandlung führen, da die körperliche Unversehrtheit allein durch das Gefesseltsein nicht beeinträchtigt wird. Probleme treten wohl erst dann auf, wenn bei lang andauernder Fesselung wegen fehlender oder vermindertet Durchblutung Gewebeteile beeinträchtigt werden oder sogar absterben oder Durchblutungsstörungen verursacht werden, wogegen das Auftreten von blauen Flecken und leichten Hautabschürfungen durch die Seile noch nicht als Verletzung betrachtet werden kann.

In vielen Fällen liegen aus objektiver Sicht unbestreitbar Körperverletzungen oder Gesundheitsschädigung im Sinne des § 83 StGB vor und wären somit unter diesen Straftatbeständen zu subsumieren. Da es sich hierbei aber um ein alternatives Mischdelikt handelt, ist es unerheblich eine weitere Abgrenzung zwischen Abs 1 und Abs 2 vorzunehmen, weil es sich um zwei gleichwertige Begehensweisen ein und desselben Deliktes handelt.. Zu überlegen ist aber auch die Motivation, die zu den Verletzungen geführt hat, den alleine das Vorliegen der objektiven Merkmale berechtigt noch nicht für sich alleine, die strafrechtliche Verfolgbarkeit anzunehmen.


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2000-10-19