2. Den im vorstehenden geschilderten physiologischen und psychologischen Beziehungen entsprechend, finden wir auch die geschlechtliche Befriedigung im Geschlechtsakte selbst mit gewaltsamer und grausamer Betätigung, sei es gegenseitig oder nur seitens des stärkeren Teils an dem schwächeren erleidenden Objekt, vielfach unmittelbar verbunden. Das Kratzen, Beissen, Schlagen usw. bis zum Blutvergiessen, Würgen und Umbringen in der Form des Lustmordes - wovon im einzelnen noch die Rede sein wird - gehört als nur graduell und quantitativ verschiedene Äusserungsweise desselben, gleichzeitig auf erotische und auf gewaltsame, selbst mörderische Betätigung hindrängenden, in der Wurzel verwandten Doppeltriebes hierher. Schon bei Tieren ist der Geschlechtsakt vielfach mit Grausamkeitshandlungen in der angedeuteten Weise verknüpft, und mehr noch tritt dieser Zusammenhang beim Menschen hervor, wo überdies der sich zum Teil ziemlich dicht an der Grenzschwelle des Bewusstseins abspielende und mit seinen konvulsivischen Bewegungen an das Bild des epileptischen Krampfes gemahnende Akt vielfach an die Sphäre des Krankhaften bedenklich heranrückt oder sie, zumal bei neuropathisch und psychopathisch veranlagten Individuen, in auffälligem Grade bereits überschreitet.

3. Der geistig und körperlich überlegene Mann empfindet es seiner Natur gemäss als eine Art von Beschämung und als Demütigung, sich durch den geschlechtlichen Andrang in solcher Weise überwältigen lassen zu müssen, wie es tatsächlich der Fall ist und den tief eingepflanzten Wesensbedingungen zufolge wohl auch immer der Fall sein wird. Es ist dem Manne offenbar verhängt, dem Einfluss weiblicher Reize oder den Anreizungen der Weiblichkeit als solcher rettungslos zu unterliegen - wenigstens zeitweise - sofern er eben nicht bloss als intellektuelles Wesen, sondern auch als Geschlechtswesen organisch prädestiniert ist. Aber für diese von der Natur erzwungene und vom Manne als „Geisteswesen“ schmerzlich empfundene unfreiwillige Hingebung an den mächtigsten und unwiderstehlichsten aller Triebe rächt sich der Mann nach erfolgter Befriedigung an dem veranlassenden Objekte und dem Opfer seines (hinterdrein ein ganz anderes Antlitz zur Schau tragenden) „Genusses“. Wie jedem intensiven, körperlichen und seelischen Genusse ein bitterer Nachgeschmack der Ernüchterung, der Enttäuschung, ein Stadium physischen und moralischen „Jammers“ unvermeidlich zu folgen pflegt, so folgt auch dem am heissesten ersehnten und oft am schwersten erkämpften Genüsse der Geschlechtsbefriedigung - wenigstens beim Manne, für den ja dieser Genuss nur Episode, nicht, wie beim Weibe, höchster Lebensinhalt und Lebensbestimmung zugleich ist - ein Gefühl von Widerwillen und Ekel. Das alte, anscheinend nur für den

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