schliesslich aufgab und mit der angeblichen Frau von Dunajew, die durch ihn Mutter eines Knaben geworden war, eine Ehe einging (1873). Wir wollen die Geschichte dieser elenden, ohne gegenseitige Liebe und Achtung geschlossenen und aufrecht erhaltenen Verbindung und der traurigen häuslichen Verhältnisse, die das Ehepaar erst in Bruck an der Mur, dann in Budapest, schliesslich eine Weile in Leipzig zur Schau stellte, hier nicht weiter verfolgen. In Leipzig, wohin Sacher-Masoch zur Begründung und Leitung einer in grossem Stil geplanten Zeitschrift sich gewandt hatte, wurde ihm nochmals das unverdiente Glück, dass der durch anderweitige romantische Abenteuer zu allgemeiner Notorietät gelangte spätere Figaro-Mitarbeiter Jacques St. Cère - damals noch ein simpler Jakob Rosenthal, der aber dem Jakob schon den wohlklingenderen Vornamen Armand substituiert hatte - ihm seine Frau vor- und entführte und mit ihr nach Paris durchging; eine Art Talentprobe für die später mit sensationellem Erfolg in Szene gesetzte Entführung einer anderen, nicht minder bekannten und berühmten Schriftstellergattin. An diesen Tatsachen und der daraus entspringenden Gesamtbeurteilung wird auch durch die später veröffentlichte „Lebensbeichte“ der Frau Wanda - die übrigens manche interessante Einzelheiten, z. B. das dreieckige Verhältnis mit dem „Griechen“ und den Geheimbesuch des Bayernkönigs Ludwig II. bei S. M. erschliesst - und die damit verknüpfte ärgerliche Polemik nichts Wesentliches geändert1).

Inzwischen tröstete sich Sacher-Masoch anfangs mit einer durch Korpulenz hervorragenden Jüdin, später mit seiner nachmaligen zweiten Gattin, der als talentvoll, klug und energisch geschilderten, 1856 zu Strassburg geborenen, als Gouvernante in Amerika und Europa viel herum verschlagenen und schliesslich in der Pleissestadt gelandeten Hulda Meister. Sie sorgte mütterlich für den Dichter und den bei ihm gebliebenen einen Sohn Alexander (den anderen, Demetrius, hatte die Mutter mit auf die Reise genommen). Nach einem kurzen nochmaligen Auftauchen Wandas in Leipzig und nach jahrelangen widerlichen Auseinandersetzungen, nach Überwindung zahlloser, aus dem doppelten Verhältnis als Ausländer (Österreicher) und als Katholik erwachsender Schwierigkeiten, konnte endlich die Scheidung sowohl wie die Möglichkeit zur Eingehung einer neuen Ehe erreicht werden und Sacher-Masoch heiratete Hulda Meister, mit der er sich nach dem völligen Zusammenbruch seiner Leipziger Hoffnungen in dem kleinen Dörfchen Lindheim in der Wetterau ein bescheidenes Heim gründete. Allerdings verfolgten ihn auch hierher Belästigungen und Drohungen seiner ersten Frau, die,


1)Ein angebliches (nach meiner Meinung apokryphes) „Tagebuch“ Sacher-Masochs lag mir vor einigen Jahren in Abschrift nach dem Manuskripte vor. Der Druck scheint glücklicherweise bisher nicht stattgefunden zu haben.

« 52 »

Inhaltsverzeichnis - bisam@daten-schlag.org