als Mutter des einzigen ihm gebliebenen Kindes auftretend, nicht müde wurde, die Rechtsgültigkeit der zweiten Ehe anzufechten und literarische und persönliche Gegner ihres Gatten als Mitkämpfer für sich zu gewinnen. Immerhin war dem vielgeprüften Dichter hier noch ein ruhiges Ausklingen vergönnt und er konnte, vor der Zeit geistig und körperlich aufgerieben und erschöpft, aber resigniert und in Frieden, eben erst sechzigjährig, sanft und schmerzlos am 9. März 1895 sein Leben beschliessen.

Ein Leben, das soviel verheissend begonnen hatte und so traurig versandete! Wesentlich doch mit durch eigene Schuld, - wenn auch diese Schuld mehr eine solche der Schwäche, der Passivität als des aktiven Sündigens sein mochte. Diesem Helden der Schwäche aber, wie sein Biograph ’es tut, im Gegenteil eine „ungewöhnliche Stärke“ zu vindizieren, und alles Unglück seines Lebens auf die verhängnisvolle Rolle, die seine erste Frau, Wanda Dunajew, darin gespielt habe, zu schieben, von ihr zu behaupten, „dass sie ein herrliches Leben gebrochen und fast an den Rand des Abgrunds geführt hat“, das erscheint doch nicht bloss als Übertreibung, sondern geradezu als Äusserung unbegreiflicher Verblendung. Welch ein „Mann“, der eine Frau solche Rolle in seinem Leben spielen lässt, und welche „Stärke“, die sich widerstandslos zum Spielball eines solchen Weibes hergibt und zu dessen Fussschemel erniedrigt! Und sie war in seinem Leben ja keineswegs die erste und einzige. Der unheilvolle Drang, der Sacher-Masoch nicht bloss zum Weibe trieb, sondern ihn nur noch in der sklavischen Unterwerfung unter das Weib und in der Misshandlung durch das Weib aufregenden Genuss finden liess, hatte allmählich, wie es scheint, die Macht eines allbeherrschenden unwiderstehlichen Triebes über ihn angenommen. Ich besitze ein sehr charakteristisches Dokument dafür in dem Bericht, den mir eine hochangesehene österreichische Schriftstellerin über ihre vor etwa zwanzig Jahren stattgehabte Begegnung mit Sacher-Masoch zu überlassen die Güte hatte. Dieser Bericht lautet wörtlich:

„Als ganz junges Mädchen und noch völlig unbekannte Anfängerin, schrieb ich an Sacher-Masoch, dessen „Vermächtnis Kains4’ mir gewaltig imponiert hatte, und bat ihn, mein Streben durch seinen Rat und Beistand zu unterstützen. Er antwortete mir sehr ausführlich und sehr freundlich und es entspann sich eine lebhafte Korrespondenz zwischen ihm und mir, die etwa ein Jahr lang währte. In seinen Briefen zeigte er sich als ein ausserordentlich gutmütiger und gefälliger Mensch; auch als ein anhänglicher Gatte und - namentlich - zärtlicher Vater. Doch schon brieflich versicherte er mich, dass es sein höchstes Glück wäre’, von einer Frau gepeitscht zu werden. Ein Jahr später kam er nach Wien und besuchte mich. Er war sehr erstaunt, dass ich ihn (es war im Frühling) ohne Pelz empfing; schwärmte mir von seinen Kindern vor und bat mich gleichzeitig, ihn zu peitschen. Aber natürlich müsste ich mich zu diesem Zweck in einen Pelz kleiden.

Ich fragte ihn scherzend, ob er wirklich durchgehauen werden wolle, und zwar so, dass er es spüre und es ihm weh tue. was er bejahte. Darauf meinte ich,

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