Da im Exemplar der Berliner Staatsbibliothek die Seiten 69-72 vermutlich wegen der Abbildungen fehlen, folgen wir hier dem Nachdruck in [Far03], so dass die Seitenumbrüche vermutlich nicht ganz dem Original entsprechen.

(London) befinden, wohin es durch den Arzt und Testamentsvollstrecker der Berkeley, Dr. Vance, gelangte, der auch ihre ganze, gewiss recht lehrreiche, zum Teil mit Männern und Frauen der höchsten Aristokratie geführte Korrespondenz durchsah - aber leider zerstörte. Doch der Geist der Mrs. Berkeley lebt und wirkt fort! Offenbar gab und gibt es auch im heutigen England zahlreiche Flagellantinnen, nicht bloss von Geschäfts wegen, sondern auch von wirklicher Vokation. In der bei Pisanus Fraxi 1) zitierten Korrespondenz eines enthusiastischen Rutenfreundes wird ein Londoner Etablissement erwähnt, wohin 20 junge Mädchen zu kommen pflegten, „who go through all the phases of schoolmistress and whip fearfully severely“; desgleichen ist von

Fig. 3.

Fig. 3. Flagellationsbank in einfachster Form. An jedem Ende des horizontalen Brettes zwei Lederriemen zur Befestigung der Hände und Füsse des auf dem Bauche liegenden „Patienten“.

verschiedenen Damen von hohem Rang und von der hübschen jungen Frau eines Geistlichen die Rede, die die Neigung für (aktive und passive) Flagellation bis zum Exzess trieb.

Aber auch in anderen Ländern, namentlich in Frankreich, fehlte es der Flagellation als sexualem Stimulans nicht an zunehmender Verbreitung und Würdigung. Allbekannt ist die klassische Selbstschilderung Rousseaus (in seinen „confessions“), wobei es sich offenbar um eine früh erworbene, psychosexuale Abnormität handelte. Serrurier berichtet einen ganz ähnlichen Fall von einem seiner Schulfreunde, der ein unbeschreibliches Vergnügen dabei empfand, gepeitscht zu werden, und sich absichtlich Strafe zuzog, um diese Züchtigung zu erleiden, die jedesmal einen Samenerguss bei ihm zur Folge hatte 2). In dem Werke „L’inquisition française ou histoire de la bastille“ (vol. 3. p. 256) erzählt de Renneville von einem alten Docteur de la faculté, einem mehr als 70jährigen, kindisch gewordenen Greise, für den täglich erduldete Fustigationen zur zweiten Natur, zum unentbehrlichen Lebensbedürfnis geworden waren.- In der einen immer weiteren Umfang annehmenden


1)L. c. LVI.

2)Dictionnaire des sciences médicales, 1812-1822; Art. pollution.

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