nicht die geringste Veranlassung nehmen einzugreifen und der Sache ein Ende zu machen. Übrigens fehlt auch in dieser Szene so wenig wie in der mit dem Blumenmädchen das sexuale Motiv; die Weiber wurden aufgeregt - dort durch den Kastrationsversuch, den das Mädchen in der Eifersucht gegen seinen Liebhaber gemacht hatte; hier dadurch, dass das Opfer ihren Männern zuvor längere Zeit als Objekt ihrer Begierden, wenn auch unfreiwillig, gedient hatte.

Natürlich hat es auch an weiblichen Scheusalen nicht gefehlt, die in Beziehung auf Grausamkeit gewissermassen bisexual waren, und gegen Männer und Weiber paritätisch und unterschiedslos wüteten. Dass es aber Weiber gibt, die mit Vorliebe und zum Zwecke der Befriedigung algolagnistischer Instinkte die Misshandlung und Marterung von Männern betrieben - also Sadistinnen im engeren Sinne - dies wird wenigstens durch die geschichtliche Erfahrung nicht gerade in hervorragendem Masse beglaubigt, während die neuere (masochistische) Literatur allerdings an derartigen Beispielen überreich ist. Die immer wieder aufgefrischten Märchen von den männermordenden Amazonen, der afrikanischen Myrina, der böhmischen Wlasta, von fabelhaften weiblichen Scheusalen, wie der Böhmenkönigin Drahomira, von jener „schwarzen Czarin“, der Negerkönigin Zinga, der Chinesen-Kaiserin Tao-Ki usw. passen grösstenteils wenig in diesen Rahmen; und jene zum Überdruss besungene Margarethe von Burgund, die ihre Eintagsliebhaber nach einer in der Tour de Nesles durchschwärmten Nacht in der vorbeifliessenden Seine ertränken liess, folgte dabei wohl mehr einem Gebote handgreiflicher Klugheit als sadistischen Impulsen.

Im „Sadismus“ des Weibes will man - ebenso wie im „Masochismus“ des Mannes - gewissermassen eine Umkehr des natürlichen Geschlechtsverhältnisses erblicken. Man argumentiert, dass das Weib im Verhältnis zum Manne gewissermassen von Natur masochistisch angelegt sei - wie der Mann dem Weibe gegenüber von Natur sadistisch. „Im Verkehr des Geschlechtes kommt dem Manne die aktive, selbst aggressive Rolle zu, während das Weib passiv, defensiv sich verhält“ (Krafft-Ebing). Aus dieser banalen Halbwahrheit soll hergeleitet werden, dass es ganz in der Ordnung sei, wenn das Weib ihr Glück darin finde, vom Manne geprügelt und mit Füssen getreten zu werden - während man das umgekehrte Verhältnis als etwas Widernatürliches, als Inversion des normalen Geschlechtsverhältnisses auffassen müsse.

Indessen dürfte eine derartige Auffassung wohl vor dem Richterstuhl der Vernunft wie der täglichen Erfahrung gleich schlecht bestehen. Wenigstens unsere heutigen, im grossen und ganzen zwar

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