nossen zu haben. Er hatte dabei zwei Helfershelfer. Die Leichen der unglücklichen Kinder wurden verbrannt und nur eine Anzahl von besonders hübschen Kinderköpfen wurde - zum Andenken aufbewahrt. Vgl. Eulenburg op. cit. p. 58, mit dem fast sicheren Nachweis, dass Rays ein Geistesgestörter war. Derselbe Autor in "Die Zukunft" VII. Jahrg. Nr. 26; Bossard et Maulle, Gilles de Rays, dit Barbe-Bleye, Paris 1886 (Champion); Michelet, histoire de France tome VI, p. 316-326; Bibliothèque de Criminologie, t. XIX, Paris 1899, p. 245.

Beim Versuch einer Erklärung der Verbindung von Wollust und Grausamkeit muss man auf die quasi noch physiologischen Fälle zurückgehen, in denen, im Momente der höchsten Wollust, ein sehr erregbares, aber sonst normales Individuum Akte wie Beissen und Kratzen begeht, die sonst vom Zorne eingegeben werden. Erinnert muss ferner daran werden, dass die Liebe und der Zorn nicht nur die beiden stärksten Affekte, sondern auch die beiden allein möglichen Formen des rüstigen (sthenischen) Affektes sind. Beide suchen ihren Gegenstand auf, wollen sich seiner bemächtigen und entladen sich naturgemäss in einer körperlichen Einwirkung auf denselben; beide versetzen die psychomotorische Sphäre in die heftigste Erregung und gelangen mittelst dieser Erregung zu ihrer normalen Aeusserung.

Von diesem Standpunkte aus wird es begreiflich, dass die Wollust zu Handlungen treibt, die sonst dem Zorn adäquat sind 1). Sie ist wie dieser ein Exaltationszustand, eine mächtige Erregung der gesamten psychomotorischen Sphäre. Daraus entsteht ein Drang, gegen das Objekt, welches den Reiz hervorruft, auf alle mögliche Weise und in der intensivsten Art zu reagieren. So wie die maniakalische Exaltation leicht furibunde Zerstörungssucht übergeht, so erzeugt die Exaltation des geschlechtlichen Affektes manchmal einen Drang, die allgemeine Erregung in sinnlosen und scheinbar feindseligen Akten zu entladen. Diese stellen sich gewissermassen als psychische Mitbewegungen dar; es handelt sich aber nicht etwa um eine blosse und unbewusste Erregung der Muskelinnervation (was als blindes Umsichschlagen nebenbei auch vorkommt), sondern um eine wahre Hyperbulie, um den Willen, auf das Individuum, von dem der Reiz ausgeht, eine möglichst starke Wirkung auszuüben. Das stärkste Mittel dazu ist aber die Zufügung von Schmerz.

Von solchen Fällen der Schmerzzufügung im höchsten Affekte der Wollust ausgehend, gelangt man zu Fällen, in denen es zur ernstlichen Misshandlung, zur Verwundung und selbst zur Tötung des


1) Schulz, Wiener med. Wochenschrift 1869, Nr.49, berichtet einen merkwürdigen Fall von einem 28jährigen Mann, der mit seiner Frau den Koitus nur dann vollziehen konnte, wenn er sich vorher künstlich in die Stimmung des Zornes versetzte.

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