Opfers kommt 1). In diesen Fällen ist der Trieb zur Grausamkeit, der den wollüstigen Akt begleiten kann, in einem psychopathischen Individuum ins Masslose gewachsen, während andererseits wegen Defektuosität der moralischen Gefühle alle normalen Hemmungen entfallen oder sich zu schwach erweisen.

Derartige monströse - sadistische Handlungen haben aber beim Manne, bei welchem sie weit häufiger vorkommen als beim Weibe, noch eine zweite starke Wurzel in physiologischen Verhältnissen.

Im Verkehr der Geschlechter kommt dem Manne die aktive, selbst aggressive Rolle zu, während das Weib passiv, defensiv sich verhält 2). Für den Mann gewährt es einen grossen Reiz, das Weib sich zu erobern, es zu besiegen, und in der Ars amandi bildet die Züchtigkeit des in der Defensive bis zum Zeitpunkte der Hingebung verharrenden Weibes ein Moment von hoher psychologischer Bedeutung und Tragweite. Unter normalen Verhältnissen sieht sich also der Mann einem Widerstande gegenüber, welchen zu überwinden seine Aufgabe ist und zu dessen Ueberwindung ihm die Natur den aggressiven Charakter gegeben hat. Dieser aggressive Charakter kann aber unter pathologischen Bedingungen gleichfalls ins Masslose wachsen und zu einem Drange werden, sich den Gegenstand seiner Begierden schrankenlos zu unterwerfen, bis zur Vernichtung, Tötung desselben 3) 4).

Treffen diese beiden konstituierenden Elemente - der abnorm gesteigerte Drang nach einer heftigen Reaktion gegen den Gegenstand des Reizes und das krankhaft gesteigerte Bedürfnis, sich das Weib zu


1) Über analoge Vorkommnisse bei brünstigen Tieren s. Lombroso (Der Verbrecher, übers. v. Fränkel p. 18).

2) Auch bei den Tieren ist es regelmässig das Männchen, welches das Weibchen mit Liebesanträgen verfolgt. Verstellte oder ängstliche Flucht des Weibchens ist nicht selten zu beobachten; dann kommt es zu einem ähnlichen Verhältnis wie zwischen Raubtier und Beutetier.

3) Die Eroberung des Weibes findet heutzutage in der zivilen Form der Courmacherei, Verführung, List usw. statt. Aus der Kulturgeschichte und der Anthropologie wissen wir, dass es Zeiten gab und noch Völker gibt, in welchen die brutale Gewalt, der Raub, selbst die Wehrlosmachung des Weibes durch Keulenschläge die Liebesbewerbung ersetzte. Es ist möglich, dass atavistische Rückschläge in derartige Neigungen zu Ausbrüchen des Sadismus beitragen.

4) In den Jahrbüchern der Psychologie II, p. 128 referiert Schäfer (Jena) über zwei Krankheitsberichte A. Payers, In dem ersten Falle wurden Zustände höchster sexueller Erregung durch den Anblick von Kampfszenen, selbst gemalten ausgelöst; in dem anderen durch grausame Quälereien kleiner Tiere. Referent fügt hinzu: "Kampflust und Mordgier sind in der ganzen Tierreihe so überwiegend, dass ein Attribut des männlichen Geschlechts, dass ein engster Zusammenhang dieser Seite männlicher Neigungen mit der rein sexuellen wohl ausser Frage steht. Ich glaube übrigens auf Grund einwandfreier Beobachtungen konstatieren zu dürfen, dass auch bei psychisch und sexuell vollkommen gesunden männlichen Personen die ersten dunklen und unverstandenen Vorboten sexueller Regungen durch die Lektüre aufregender Jagd- und Kampfszenen ausgelöst werden können, resp. in unbewusstem Drange nach einer Art Befriedigung zu kriegerischen Knabenspielen (Ringkämpfen) Veranlassung geben, in denen ja auch der Fundamentaltrieb des Geschlechtslebens nach möglichst extensiver Berührung des Partners mit dem mehr oder weniger deutlichen Hintergedanken der Ueberwältigung zum Ausdruck kommt.

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