Unterkiefers, Penis sehr entwickelt, Frenulum fehlend; leichter Strabismus alternans divergens (Insuffiziens der Mm. recti interni und Myopie). Lombroso schliesst aus diesen Degenerationszeichen auf eine angeborene Bildungshemmung des rechten Stimlappens. Wie es scheint, ist Verzeni ein Hereditarier - zwei Onkel sind Kretins, ein dritter ist mikrozephal, bartlos, ein Hode fehlend, der andere atrophisch. Der Vater bietet Spuren von pellagröser Entartung und hatte einen Anfall von Hyppochondria pellagrosa. Ein Vetter litt an Hyperaemia cerebri, ein anderer ist Gewohnheitsdieb.

Verzenis Familie ist bigott, von schmutzigem Geiz. Er selbst zeigt gewöhnliche Intelligenz, weiss sich gut zu verteidigen, sucht sein Alibi zu beweisen, andere zu verdächtigen. In seiner Vergangenheit findet sich nichts, was auf Geisteskrankheit deutet; sein Charakter ist übrigens auffällig; er ist schweigsam, liebt die Einsamkeit. Im Gefängnis zynisch, Masturbant; sucht sich um jeden Preis den Anblick von Weibern zu verschaffen.

V. gestand endlich seine Taten und deren Motive ein. Ihre Begehung habe ihm ein unbeschreiblich angenehmes (wollüstiges) Gefühl verschafft, das von Erektion und Samenergiessung begleitet war. Schon wenn er seine Opfer am Halse kaum berührt hatte, stellten sich sexuelle Empfindungen ein. Es sei ihm ganz gleich in bezug auf diese Empfindungen gewesen, ob die Frauen alt, jung, hässlich oder schön waren. Gewöhnlich habe schon das einfache Drosseln derselben ihn befriedigt und dann habe er seine Opfer am Leben gelassen - in den erwähnten zwei Fällen habe die geschlechtliche Befriedigung gezögert, einzutreten, und da habe er zugedrückt, bis seine Opfer tot waren. Seine Befriedigung bei diesen Garottierungen sei grösser gewesen, als wenn er onanierte. Die Hautabschürfungen an den Schenkeln der Motta seien durch seine Zähne entstanden, als er mit grossem Genuss das Blut aussaugte. Ein Wadenstück derselben habe er ausgesogen und dann mitgenommen, um es daheim zu braten, es indessen unterwegs unter einem Strohhaufen verborgen, aus Furcht, dass seine Mutter hinter seine Streiche komme. Auch die Kleider und Eingeweide habe er ein Stück weit mitgenommen, weil es ihm einen Genuss gewährte, sie zu beriechen und zu betasten. Die Stärke, die er in diesen Momenten höchster Wollust besessen, sei enorm gewesen. Ein Narr sei er nie gewesen; bei der Ausführung seiner Taten habe er gar nichts mehr um sich gesehen (offenbar durch höchste sexuelle Erregung aufgehobene Apperzeption und instinktives Handeln.) Nachher sei ihm immer sehr behaglich gewesen, ein Gefühl grosser Befriedigung; Gewissensbisse habe er nie gehabt. Nie sei es ihm in den Sinn gekommen, die Geschlechtsteile der von ihm gemarterten Frauen zu berühren oder die Opfer zu stuprieren, es habe ihm genügt, sie zu erdrosseln und ihr Blut zu saugen. In der Tat scheinen die Angaben dieses modernen Vampyrs auf Wahrheit zu beruhen. Normale geschlechtliche Antriebe scheinen ihm fremd gewesen zu sein - zwei Geliebte, die er hatte, begnügte er sich zu beschauen - es ist ihm selbst auffällig, dass er keine Gefühle ihnen gegenüber hatte, sie zu drosseln oder ihnen die Hände zu pressen, aber freilich habe er mit ihnen nicht denselben Genuss gehabt wie mit seinen Opfern. Von moralischem Sinne, Reue u. dgl. fand sich keine Spur.

Verzeni sagt selbst, es dürfte gut sein, wenn man ihn eingesperrt lasse, denn in der Freiheit könne er seinen Gelüsten keinen Widerstand leisten. V. wurde zu lebenslänglichem Kerker verurteilt. (Lombroso: Verzeni e Agnoletti, Roma 1873.)
Interessant sind die Geständnisse , die V. nach seiner Verurteilung machte.
"Incredibilem voluptatem habui feminas suffocans, erectiones tum sensi atque vera libidine affectus sum. Vel vestimenta mulierum olfacere voluptatem mihi adtulit. In suffocando feminas maiorem voluptatem inveni quam in masturbando. [Beim Erdrosseln von Frauen habe ich unglaubliche Wollust verspürt, ich hatte dann Erektionen und wurde von einer wahren Leidenschaft gepackt. Das Beriechen der Kleider der Frauen hat zu meiner Erregung beigetragen. Beim Erdrosseln von Frauen habe ich größere Wollust empfunden als bei der Masturbation.] Bei dem Trinken des Blutes der Motta empfand ich grosses

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