Hände und Füsse zusammenbinden, ihm die Augen verbinden und überdies die Fenster verdunkeln. Dann liess sie den Gast auf einem Sofa niedersitzen und musste ihn in seinem hilflosen Zustand allein lassen. Nach einer halben Stunde musste die Person wiederkommen und die Bande lösen. Darauf zahlte der Mann und ging ganz befriedigt von dannen, um nach etwa 3 Monaten seinen Besuch zu erneuern.

Dieser Mann scheint sich die Situation, hilflos in der Gewalt eines Weibes zu sein, mittels seiner Phantasie im Dunkeln weiter ausgemalt zu haben. Noch sonderbarer sind die folgenden Fälle, in denen wieder eine komplizierte Komödie im Sinne masochistischer Gelüste aufgeführt wird.

Beobachtung 65. (Dr. Pascal, ibid.) Ein Herr in Paris begab sich an bestimmten Abenden in eine Wohnung, deren Besitzerin zur Befriedigung seiner seltsamen Neigung willfährig war. Er erschien in Gala im Salon der Dame, welche in Balltoilette sein und ihn mit strenger Miene empfangen musste. Er redete sie als Marquise an, sie musste ihn mit den Worten "lieber Graf" begrüssen. Darauf sprach er von dem Glücke, sie allein zu treffen, von seiner Liebe zu ihr und einer Schäferstunde. Nun musste die Dame die Beleidigte spielen. Der Pseudograf ereiferte sich immer mehr und verlangte, der Pseudomarquise einen Kuss auf die Schulter drücken zu dürfen. - Grosse Entrüstungsszene, die Klingel wird gezogen, ein eigens dazu gemieteter Diener erscheint und wirft den Grafen hinaus, welcher sehr befriedigt abzieht und die Personen der Komödie reichlich belohnt.

Beobachtung 66. X., 38 Jahre alt, Ingenieur, verheiratet, Vater von 3 Kindern, obwohl in guter Ehe lebend, vermag dem Antriebe nicht zu widerstehen, von Zeit zu Zeit bei einer von ihm instruierten Prostituierten vorzusprechen und als Präliminare eines Koitus folgende masochistische Komödie aufzuführen. Sobald er bei der Puella eingetreten ist, muss diese ihn bei den Ohren nehmen, ihn an denselben durch die Zimmer zerren, scheltend: "Was tust du da, weisst du nicht, dass du in die Schule gehörst, warum gehst du nicht in die Schule?" Dabei gibt sie ihm Ohrfeigen und schlägt zu, bis er hinkniet und um Verzeihung bittet. Nun händigt sie ihm ein Körbchen mit Brot und Obst ein, wie man es Kindern in die Schule mitgibt, zieht ihn an den Ohren in die Höhe und wiederholt ihre Ermahnung, zur Schule zu gehen.
X. spielt so lange den Renitenten, bis, unter dem Stimulus des Ohrenzerrens, Schlagens und Scheltens der Puella, er zum Orgasmus gelangt. In diesem Moment ruft er: "Ich gehe, ich gehe," und vollzieht den Koitus. Dass diese masochistische Komödie damit zusammenhängen mag, dass anlässlich solcher Züchtigungen in der Schulzeit die ersten sexuellen Erregungen entstanden und die Libido sich mit jenen assoziativ verbunden haben mag, ist wahrscheinlich, aber nicht erwiesen. Ueber die Vita sexualis des X. ist sonst nichts bekannt. Dr. Carrara im Archivio di Psichiatria XIX. 4.)

Ideeller Masochismus

Von dem "symbolischen Masochismus" ist der ideelle zu unterscheiden, bei welchem die psychische Perversion ganz auf dem Gebiete der Vorstellung und Phantasie bleibt und keine Verwirklichung derselben versucht wird. Ein solcher Fall von "ideellem Masochismus"

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