senschaftlich beobachteten Fälle hervor, so wie aus den verschiedenen oben mitgeteilten untereinander übereinstimmenden Berichten.

Auch die Werke, die sich mit der Darstellung der Prostitution in grossen Städten beschäftigen, enthalten über diesen Gegenstand zahlreiche Berichte 1).

Interessant und erwähnenswert ist es gewiss, dass auch einer der berühmtesten Männer aller Zeiten von dieser Perversion ergriffen war und derselben in seiner Selbstbiographie (wenn auch in etwas missverständlicher Weise) gedacht hat. Aus den "Confessions" von Jean Jaques Rousseau geht hervor, dass auch er mit Masochismus behaftet war.

Rousseau, bezüglich dessen Lebens- und Krankheitsgeschichte auf Möbius (J. J. Rousseaus Krankheitsgeschichte, Leipzig 1890) und Chatelain (La folie de J. J. Rousseau, Neuchâtel 1891) verwiesen sein mag, erzählt in seinen Confessions (I. Teil, 1. Buch), wie sehr ihm Frl. Lambercier, 30 Jahre alt, imponierte, als er, 8 Jahre alt, bei ihrem Bruder in Pension und Lehre war. Ihre Besorgnis, wenn er eine Frage nicht gleich zu beantworten wusste, die Drohung der Dame, ihm Rutenstreiche zu geben, wenn er nicht brav lerne, machten auf ihn den tiefsten Eindruck. Nachdem er eines Tages Schläge von der Hand des Frl. L. bekommen hatte, empfand er, neben Schmerz und Scham, ein wollüstig sinnliches Gefühl, das ihn mächtig erregte, neue Züchtigungen davonzutragen. Nur aus Furcht, die Dame damit zu betrüben, unterliess es Rousseau, weitere Gelegenheiten, sich diesen wollüstigen Schmerz zu verschaffen, zu provozieren. Eines Tages zog er sich aber unbeabsichtigt eine neue Züchtigung von der Hand der L. zu. Sie war die letzte, denn Frl. L. musste von dem eigenartigen Effekt dieser Züchtigung etwas bemerkt haben, und liess von nun an den 8jährigen Knaben auch nicht mehr in ihrem Zimmer schlafen. Seither fühlte R. das Bedürfnis, sich von Damen, die ihm gefielen, à la Lambercier züchtigen zu lassen, obwohl er versichert, bis zum Jünglingsalter von Beziehungen der beiden Geschlechter zueinander nichts gewusst zu haben. Bekanntlich wurde R. erst mit 30 Jahren durch Madame de Warrens in die eigentlichen Mysterien der Liebe eingeweiht und seiner Unschuld verlustig. Bis dahin hatte er nur Gefühle und Dränge zu Weibern im Sinne passiver Flagellation und sonstiger masochistischer Vorstellungen gehabt.

Rousseau schildert in extenso, wie sehr er bei seinem grossen


1) Léo Taxil op. cit. p. 228 schildert masochistische Szenen in den Pariser Bordellen. Der von dieser Perversion ergriffene Mann wird auch dort "l'esclave" genannt.
Coffignon (La corruption à Paris) hat in seinem Buch ein Kapitel "Les passionels", das Beiträge zu diesem Thema bietet. Der schlagendste Beweis für die Häufigkeit des Masochismus ist aber wohl die Tatsache, dass er ziemlich unverblümt in Zeitungsannoncen zutage tritt. So findet sich z. B. im Hannoverschen Tageblatt vom 4. Dezember 1895 folgendes Inserat:
"Sacher-Masoch". 109 404. Damen, welche sich für die Werke desselben interessieren und begeistern und die Frauengestalten seiner Romane verkörpern, werden um Angabe der Adresse unter R. 537 durch die Expedition der Zeitung gebeten. Strengste Diskretion!"
In der gleichen Nummer findet sich ein ähnliches Inserat!

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