Trotz dieser lächerlichen und bestellten Tiraden hält Z. diesen Brief als Mittel zum Zweck der Befriedigung perverser Sexualität in hohen Ehren. Nach seiner Versicherung erscheint ihm seine sexuelle Scheusslichkeit, die er für eine angeborene Anomalie hält, nicht widernatürlich, obwohl er zugeben muss, dass sie Normalmenschen Ekel einflösst. Er ist im übrigen ein honetter und feinfühliger Mensch, aber seine zudem geringen ästhetischen Bedenken werden weitaus überwogen durch die Wollust, welche ihm die Befriedigung seiner perversen Gelüste gewährt.
Durch Z. wurde mir der Einblick in die Korrespondenz desselben mit dem belletristischen Vertreter des Masochismus, Sacher-Masoch, gewährt.
Einer dieser Briefe, datiert aus dem Jahre 1888, hat als Devise die Abbildung eines üppigen Weibes, mit herrischer Miene, das von einem Pelz nur halbverhüllt ist und eine Reitpeitsche in der Hand hält, wie zum Schlag ausholend. Sacher-Masoch behauptet, dass die "Passion, den Sklaven zu spielen", sehr verbreitet sei, insbesondere bei den Deutschen und den Russen. In dem Briefe wird die Geschichte eines vornehmen Russen berichtet, der es liebte, sich von mehreren schönen Frauen binden und peitschen zu lassen. Eines Tages fand er in einer jungen, schönen Französin sein (sadistisches) Ideal so verkörpert vor , dass er die Person in seine Heimat mitnahm.
Nach Sacher-Masoch schenkte eine dänische Dame keinem Manne ihre Gunst, bevor er sich nicht eine Zeitlang als ihr Sklave behandeln liess. Amantes coagere solebat, ut ei pedes et podicem lambeant [Sie pflegte ihre Liebhaber zu zwingen, ihr die Füße und den Hintern zu lecken]. Sie liess ihre Liebhaber so lange mit Ketten schliessen und peitschen, bis sie ihr gehorchten lambendo pedes [und ihr die Füße leckten]. Einmal wurde der "Sklave" an die Pfosten ihres Himmelbettes gefesselt und musste Zeuge sein, wie sie einem anderen die höchste Gunst erwies. Nachdem dieser sie verlassen hatte, wurde der gefesselte "Sklave" von ihren Dienerinnen so lange gepeitscht, bis er dazu bereit war, lambere podicem dominae [den Hintern der Herrin zu lecken].
Wären diese Mitteilungen Wahrheit, was man aber von einem Dichter des Masochismus nicht ohne weiteres annehmen darf, so würden sie bemerkenswerte Belege für Sadismus feminarum sein. Unter allen Umständen sind sie psychologisch interessante Beispiele für die Eigenart masochistischer Denk und Gefühlsweise. (Eigene Beobachtung, Zentralblatt für die Krankheiten der Harn- und Sexualorgane IV. 7.)

Beobachtung 81. Herr Z., 24 Jahre alt, Beamter aus Russland, stammt von neuropathischer Mutter und psychopathischem Vater. Z. ist ein intelligenter, feinfühliger, normal gebauter Mensch von gefälligem Aeusseren und feinen Manieren; schwere Krankheiten hat er nicht überstanden. Er behauptet, von Kindesbeinen auf nervös zu sein, gleich seiner Mutter, hat neuropathisches Auge und empfindet in der letzten Zeit zerebral-asthenische Beschwerden. Er klagt bitter über eine Perversion seiner Vita sexualis, die ihn oft ganz verzweifelt mache, ihm jegliche Selbstachtung raube und geeignet sei, ihn noch zum Selbstmord zu bringen.
Der Alp, welcher auf ihm laste, sei ein unnatürliches Gelüste nach Mictio mulieris in os suum [Urinieren von Frauen in seinen Mund] das ihn ziemlich regelmässig alle 4 Wochen heimsuche. Gefragt nach der Entstehung dieser Perversion, teilt er folgende interessante, weil genetisch wichtige Tatsachen mit. Als er 6 Jahre alt war, traf es sich zufällig, dass er in einer gemischten Knaben-Mädchenschule einem neben ihm sitzenden kleinen Mädchen cum manu sub podicem fuhr. Er empfand daran ein grosses Wohlbehagen, wiederholte gelegentlich diese Handlung mit dem gleichen Erfolg. Die Erinnerung an solche angenehme Situationen spielte von nun an eine gewisse Rolle in seiner Phantasie.
Puerem decem annorum serva educatrix libidine mota ad corpus suum [Den Knaben von zehn Jahren presste ein von Wollust getriebenes Kindermädchen an sich]

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