cerebrospinalis, deren Ausgangspunkt in sexueller Ueberreizung zu finden ist. Patientin war seit ihrem 24. Jahre der Onanie ergeben. Durch nicht erfüllte Heiratserwartung und heftige sinnliche Erregung ist sie zur Masturbation und psychischen Onanie gelangt. Neigung zu Personen des eigenen Geschlechts kam niemals vor. Patientin gibt an: "Mit 6-8 Jahren trat bei mir das Gelüste auf, gegeisselt zu werden. Da ich niemals Schläge bekommen hatte, auch nie dabei war, wie jemand gegeisselt wurde, kann ich mir nicht erklären, wie ich zu diesem sonderbaren Verlangen kam. Ich kann mir nur denken, dass es mir angeboren ist. Ich hatte ein wahres Wonnegefühl bei diesen Geisselvorstellungen und malte mir in meiner Phantasie aus, wie schön es wäre, wenn eine Freundin mich geisselte. Ich schwelgte in der Idee und versuchte es nie, zur wirklichen Ausführung meiner Phantasien zu gelangen. Vom 10. Jahre ab verloren sich diese. - Erst als ich mit 34 Jahren Rousseaus "Confessions" las, wurde mir klar, was meine Geisselgelüste zu bedeuten hätten und dass es sich bei mir um dieselben krankhaften Vorstellungen handelte, wie bei Rousseau. Nie habe ich seit meinem 10. Jahre mehr derartige Anwandlungen gehabt."

Epikrise. Dieser Fall ist durch seinen originären Charakter und durch die Berufung auf Rousseau als Fall von Masochismus sicher anzusprechen. Dass es eine Freundin ist, welche in der Phantasie als geisselnd vorgestellt wird, ist einfach daraus zu erklären, dass die masochistischen Gelüste hier bei einem Kinde ins Bewusstsein treten, bevor die psychische Vita sexualis ausgebildet ist und der Trieb zum Manne auftritt. Konträre Sexualempfindung ist hier ausdrücklich ausgeschlossen.

Beobachtung 87. Einer der Aerzte des allgemeinen Krankenhauses in W. wurde mit einer Puella bekannt, die es anscheinend auf die Mediziner, die in diesem Hospital verkehrten, abgesehen hatte. Bei dem Renkontre mit dem Herrn war sie entzückt, einen Mediziner vor sich zu haben und bat ihn, so mit ihr umzugehen, als ob er eine gynäkologische Untersuchung auszuführen habe. Sie werde sich sträuben, er möge sich aber nicht daran kehren, sie zur Ruhe verweisen und nicht nachzugeben. X. willfahrte, es geschah so, wie es die Puella bestellt hatte. Sie wehrte sich, geriet dabei in wachsende sexuelle Erregung, leistete den grösstmöglichsten Widerstand und als der Arzt sich zurückziehen wollte, bat sie ihn, nicht nachzugeben. Es war offenbar, dass die Situation nur bestellt war, um den höchsten Grad von Orgasmus zu provozieren, was ihr auch gelang. Als der Arzt Koitus dann ablehnte, war sie gekränkt, bat wieder zu kommen und weigerte sich pecuniam accipere [Geld anzunehmen]. X. sprach mir seine Ueberzeugung aus, dass nicht der Tastus genitalium [das Berühren der Genitalien] den Orgasmus bewirkte, sondern die Gewaltanwendung, auf die es ja abgesehen war, dass der Effekt eines Koitusäquivalents mit der Vergewaltigung zusammenfiel und es sich offenbar um eine ins Gebiet des Masochismus beim Weibe gehörige Erscheinung handelte.


Versuch einer Erklärung des Masochismus.

Die Tatsachen des Masochismus gehören jedenfalls zu den interessantesten im Gebiet der Psychopathologie. Ein Versuch ihrer Erklärung hat zunächst zu ermitteln, was an dem Phänomen das Wesentliche und was dabei das Unwesentliche ist.

Das Entscheidende beim Masochismus ist jedenfalls die Begierde nach schrankenloser Unterwerfung unter den Willen der Person des anderen Geschlechts (beim Sadismus umgekehrt die schrankenlose Beherrschung dieser Person) und zwar unter Weckung und Begleitung von mit Lust betonten

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