Schritt. Hierher gehören bei den Ehemännern die sogenannten Pantoffelhelden, namentlich die alternden Männer, die junge Frauen heiraten und das Missverhältnis der Jahre und der körperlichen Eigenschaften durch unbedingte Nachgiebigkeit gegen alle Launen der Gattin auszugleichen trachten; hierher sind zu zählen auch ausserhalb der Ehe die unreifen Männer, die ihre letzten Chancen in der Liebe durch ungemessene Opfer zu verbessern trachten; hierher aber auch Männer jeden Alters, die, von heisser Leidenschaft für ein Weib ergriffen, bei ihm auf Kälte und Berechnung stossen und auf harte Bedingungen kapitulieren müssen; verliebte Naturen, die von notorischen Dirnen sich zur Eheschliessung bewegen lassen; Männer, die, um Abenteuerinnen nachzulaufen, alles im Stiche lassen und ihre Zukunft aufs Spiel setzen, Gatten und Väter, die Weib und Kind verlassen und das Einkommen der Familie einer Hetäre zu Füssen legen.

So zahlreich aber auch die Beispiele männlicher Hörigkeit sind, so muss doch jeder halbwegs unbefangene Beobachter des Lebens zugeben, dass sie an Zahl und Gewicht der Fälle gegen die weiblicher Hörigkeit weit zurückbleiben. Dies ist leicht erklärlich. Für den Mann ist die Liebe fast stets nur Episode, er hat daneben viele und wichtige Interessen; für das Weib hingegen ist sie der Hauptinhalt des Lebens, bis zur Geburt von Kindern fast immer das erste, nach dieser noch oft das erste, immer mindestens das zweite Interesse. Was aber noch viel wichtiger ist: der Mann, den der Trieb beherrscht, löscht ihn in den Umarmungen, zu denen er unzählige Gelegenheiten findet. Das Weib aber ist in den höheren Ständen, wenn überhaupt mit einem Manne versehen, an diesen einen gefesselt, und selbst in den unteren Klassen der Gesellschaft sind noch immer bedeutende Hindernisse der Polyandrie vorhanden.

Deshalb bedeutet für ein Weib der Mann, den sie hat, das ganze Geschlecht. Seine Wichtigkeit für sie wächst dadurch ins Ungeheure. Dazu kommt endlich noch, dass das normale Verhältnis, wie es Gesetz und Sitte zwischen Mann und Weib geschaffen haben, weit davon entfernt ist, ein paritätisches zu sein, und an und für sich schon überwiegende Abhängigkeit der Frau genug enthält. Um so tiefer hinab in die Hörigkeit werden sie die Konzessionen drücken, welche sie dem Geliebten macht, um seine ihr fast unersetzliche Liebe zu erhalten, und um so höher steigen die unersetzlichen Ansprüche der Männer, die entschlossen sind, ihren Vorteil auszubeuten, und eine Industrie aus der Ausbeutung der grenzenlosen weiblichen Opferfähigkeit machen.

Dahin gehört der Mitgiftjäger, der sich mit hohen Summen dafür bezahlen lässt, die leicht geschaffenen Illusionen einer Jungfrau über ihn zu zerstören, der planmässig vorgehende Verführer und Kompromittierer der Frauen, der auf Lösegelder und Schweigegelder spekuliert, der goldverschnürte Krieger und der Musiker mit der Löwenmähne, die rasch ein gestammeltes "Dich oder den Tod!" hervorzulocken wissen, das eine Anweisung auf bezahlte Schulden und gute Versorgung ist; dahin gehört aber auch der Soldat in der Küche, dessen Liebe die Köchin mit Liebe plus Sättigungsmitteln aufwiegt, der Geselle, der die Ersparnisse der Meisterin, die er geheiratet hat, vertrinkt, und der Zuhälter, der die Prostituierte, von der er lebt, mit Schlägen zwingt, täglich eine bestimmte Summe für ihn zu verdienen. Das sind nur einige der unzähligen Formen der Hörigkeit, in welche das Weib durch sein hohes Liebesbedürfnis und die Schwierigkeiten seiner Lage leicht gezwungen wird.

Das Gebiet der "geschlechtlichen Hörigkeit" musste hier eine kurze Darstellung finden, da in ihm offenbar der Mutterboden zu sehen ist, aus dem die Hauptwurzel des Masochisten entspriesst.

Die Verwandtschaft beider Erscheinungen des psychischen Geschlechtslebens springt sofort in die Augen. Sowohl Hörigkeit als Masochismus bestehen ja wesentlich in einer unbedingten Unterwerfung des von der Ab-

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