mischt er seinen Inhalt mit dem ihrigen und vollzieht so die pathologische Assoziation, welche das Wesen dieser beiden Perversionen ist 1).

Natürlich muss dies nicht immer so sein und es gibt Fälle von Hyperästhesie ohne Perversion. Fälle von reiner Hyperästhesia sexualis - wenigstens solche von auffallender Intensität - scheinen aber seltener als die Fälle von Perversion.

Interessant, aber der Erklärung einige Schwierigkeit bietend, sind die Fälle, in denen Sadismus und Masochismus in einem Individuum gleichzeitig auftreten. Solche Fälle sind z. B. Beob. 47 der 7. Auflage, ferner Beob. 57 und 67 der gegenwärtigen, besonders aber Beob. 29 der 9. Auflage dieses Werkes, aus welch' letzterer hervorgeht, dass es gerade die Vorstellung der Unterwerfung ist, welche sowohl aktiv als passiv den Kern des perversen Gelüstes bildet. Dergleichen ist in mehr oder minder deutlichen Spuren auch sonst noch mehrfach zu beobachten. Allerdings ist die eine der beiden Perversionen immer bei weitem vorwiegend 2).

Eigentümliche Fälle von Vermengung der Erscheinungen des ideellen Masochismus und Sadismus, mit homosexuellen, pädophilen und fetischistischen Zügen liefern nachfolgende Selbstbiographien.

Beobachtung 89. Herr X.: "Die erste Aeusserung meines Sexualtriebes fällt in mein 13. Lebensjahr. Ich war wegen Faulheit bedroht worden


1) v. Schrenk-Notzing, welcher bei der Erklärung aller Perversionen das okkasionelle Moment in den Vordergrund stellt und der Annahme durch äussere Umstände erworbener Perversionen, vorder originärer Veranlagung den Vorzug gibt, weist den Erscheinungen des Sadismus und Masochismus (nach seiner Terminologie "aktive und passive Algolagnie") diesbezüglich eine Mittelstellung an. Diese Erscheinungen seien allerdings in einem Teil der Fälle nur durch kongenitale Anlage zu erklären; in einem anderen Teil der Fälle aber müsse Erwerbung durch eine zufällige Koinzidenz offenbar die Hauptrolle spielen (op. cit. p. 170).

Der Beweis für letztere Behauptung wird kasuistisch geführt. Es werden zwei Beobachtungen der Psychopathie sexualis (Beob. 29 und 37 der 7. Aufl.) wiedergegeben, und daran gezeigt, dass hier auch das zufällige Zusammentreffen des Anblicks eines blutenden Mädchens oder eines geprügelten Mitschülers mit einer starken Regung des Geschlechtstriebes zur Erklärung der von nun an bestehenden pathologischen Assoziationen genügen könne.

Dem gegenüber ist aber doch als entscheidend in Betracht zu ziehen, dass frühe und starke Regungen des Geschlechtstriebes bei jedem hyperästhetischen Individuum mit vielen, bei der Gesamtheit derselben mit unzähligen heterogenen Dingen zeitlich zusammengefallen sind, während sich die pathologischen Assoziationen immer nur an wenige bestimmte (sadistische und masochistische) Dinge knüpfen. Unzählige Schüler haben während der Grammatik- und Mathematikstunden, im Klassenzimmer und an geheimen Orten, sich sexuellen Erregungen und Befriedigungen hingegeben, ohne dass daraus perverse Assoziationen entstanden wären.

Hieraus folgt mit Evidenz, dass der Anblick von Prügelszenen und dergleichen eine vorhandene pathologische Assoziation zwar aus ihrer Latenz wecken, nicht aber eine solche entstehen lassen kann, ganz abgesehen davon, dass es unter den unzähligen sich darbietenden Dingen nicht indifferente, sondern geradezu normaliter Unlust erregende sind, zu denen der erwachte Geschlechtstrieb in Beziehung tritt.

Das hier Ausgeführte gilt auch gegenüber der Meinung Binets, der gleichfalls die hierher gehörigen Erscheinungen sämtlich aus zufälligen Assoziationen erklären will. Vgl. unten p. 177.

2) S. auch v. Wagner (Wr. Klin. Wchschr. 1912 S.407), s. auch S.387 d. Werkes).

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