Bisam

Zur Strafbarkeit sado-masochistischer Körperverletzungen



Dr. Valentin Sitzmann

Ursprünglich erschienen in: Goltdammers Archiv für Strafrecht 2/1991, S. 71-81
Die Verwendung durch Datenschlag geschieht mit der freundlichen Genehmigung des Autors und des Verlags.

Wer sich einmal das Vergnügen macht, die Chiffre-Anzeigen eines der zahllosen »Stadtmagazine« zu studieren, wird über die Vielzahl der Kontaktanzeigen mit sado-masochistischem Hintergrund erstaunt sein 1. Es ist daher an der Zeit, sich dieser Art abweichenden Sexualverhaltens strafrechtlich etwas ausführlicher zu widmen.

 

I. Einleitung

Die nachfolgende Darstellung setzt sich mit einem strafrechtlich relevanten Bereich auseinander, der im juristischen Schrifttum bisher kaum behandelt wurde. Dies ist auch keineswegs verwunderlich. Zum einen sehen potentielle Autoren aus Furcht, sich selbst zu stigmatisieren, von einer Bearbeitung dieses Themas ab. Nicht nur voreingenommene Leser vermuten, der Autor könnte selbst Sadist, Masochist oder beides sein. Derartige Unterstellungen haben jedoch schon zu lange eine wissenschaftliche Erörterung des Problems verhindert. Zum anderen steht der Verfasser vor der Schwierigkeit, einen Mittelweg zwischen den verharmlosenden Positionen der Betroffenen und der vorurteilsbeladenen Haltung Außenstehender zu finden 2.

Zunächst ist es angezeigt, die Begriffe Sadismus und Masochismus kurz zu umreißen. Sadismus ist benannt nach dem französischen Schriftsteller Donatien Alphonse Marquis de Sade (1770-1814). In seinen Romanen schildert er phantasievoll und genüßlich grausame sexuelle Praktiken. Der Begriff läuft jedoch Gefahr, konturlos zu werden, wenn er weit gefaßt wird, etwa jedwede Form von Herrschsucht oder Brutalität erfassen soll. Richard von Krafft-Ebing bezeichnet nach dem österreichischen Schriftsteller und Professor für Geschichte Leopold Ritter von Sacher-Masoch (1836-1895) eine besondere Spielart des Sexuallebens, bei welcher das Erleiden seelischen oder körperlichen Schmerzes Voraussetzung für die geschlechtliche Befriedigung ist, als Masochismus 3. Diese Definition ist indessen zu eng. Über die Triebperversion hinaus erfaßt der Begriff eine besondere Art der Lebenseinstellung oder des Sozialverhaltens, welche das eigene Leid und die eigene Ohnmacht genießt 4.

Datenschlag-Kommentar: Bei Psychoanalytikern - und zu ihnen gehört der hier zitierte Reik - erfreute sich diese Deutung des Masochismus als überwiegend nichtsexuelles Phänomen lange Zeit einiger Beliebtheit. In den letzten zwanzig Jahren und in allen anderen Fachrichtungen, die sich mit dem Thema Sadomasochismus befassen, zieht man Definitionen vor, die den sexuellen Kontext sadomasochistischer Handlungen betonen.

Für nachstehende Ausführungen sind lediglich diejenigen sexuell devianten Personen von Bedeutung, die ihre sexualisierte Destruktivität 5 bzw. ihr Verlangen nach der eigenen Subordination in subkulturellen Kreisen (bei Prostituierten, speziell dafür eingerichteten »Dominas«, über Inserate, in speziellen Clubs etc.) kanalisieren und sich insoweit mit ihrer Deviation arrangieren. Meist wird die Initiative vom Masochisten ausgehen. Er wird nach Frauen suchen, die ihm seine Wünsche - meist gegen teures Geld - erfüllen.

Datenschlag-Kommentar: Hier wird noch mit aller Selbstverständlichkeit von der Geschlechter- und Rollenverteilung männlicher Masochist - bezahlte Domina ausgegangen.

So, aber auch im umgekehrten Fall, stellt sich die Frage, ob die im Rahmen einer gespielten Dominanz-Subordinations-Szene zugefügten Körperverletzungen strafbar sind.

 

II. Kurze Darstellung der bisher vertretenen Ansichten

Einer der ersten, der sich - wenn auch nur am Rande - mit der Strafbarkeit der Körperverletzung auf Verlangen auseinandersetzte, war Erich Wulffen. Er vertrat die prinzipielle Straflösigkeit der Beteiligten 6. Die Handlungen seien zwar tatbestandsmäßig Körperverletzungen, jedoch greife der Grundsatz »volenti non fit iniuria« rechtfertigend ein. Dies gelte aber dann nicht, wenn der Masochist minderjährig sei oder infolge übermäßiger Flagellation sterbe. Im letzteren Fall sei der/die Geißler(in) gem. § 222 6a strafbar.

Ende der zwanziger Jahre beschäftigte sich erstmals die höchstrichterliche Rechtsprechung mit diesem Problemkreis. Da bei sado-masochistischen Praktiken die Körperverletzungen zu »Unzuchtszwecken« erfolgten, verstoße die Tat trotz einer etwaigen Einwilligung gegen die guten Sitten. Die Einwilligung sei daher rechtlich bedeutungslos 7. Von Interesse ist in diesem Zusammenhang, daß bereits vor Einführung des § 226a am 26.5.1933 8 für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit auf den Tatzweck abgestellt wurde 9. Nach Einführung des § 226a wird ausdrücklich hervorgehoben, daß es für das Verdikt der Sittenwidrigkeit ausschließlich auf die Sittenwidrigkeit der Tat und nicht auf die der Einwilligung ankomme 10. Eine sado-masochistische Körperverletzung sei sittenwidrig, da zum einen nicht der Masochist, sondern die Gesellschaftsordnung durch die Anwendung des § 226a geschützt werde, Masochisten ansonsten auch in ein »abartiges Triebleben verstrickt« würden und »der Volksgemeinschaft verloren« gingen 11.

Seit Bestehen der Bundesrepublik haben bisher nur wenige Autoren diesem Thema - und das auch nur am Rande - Aufmerksamkeit geschenkt. Es seien vor allem sado-masochistische Körperverletzungen gewesen, an denen die Rechtsprechung bereits vor 1933 dieses Sittenwidrigkeitskriterium entwickelt habe 12. Es handele sich um moralwidrige und daher strafbare Körperverletzungen 12. Den Versuch einer Differenzierung nimmt dagegen Berz vor: sado-masochistische Körperverletzungen seien zwar stets sittenwidrig, jedoch nicht strafwürdig, wenn sie im gegenseitigen Einverständnis der Beteiligten, nicht in der Öffentlichkeit, nicht unter Mißbrauch Minderjähriger und ohne bleibende Körperschäden vorgenommen würden 13.

 

III. Eigener Lösungsversuch

Eine im Rahmen sado-masochistischer Betätigung vorgenommene Körperverletzung erfüllt tatbestandsmäßig mindestens eine der Vorschriften der §§ 223 ff. 14. Fraglich ist allein, ob derartige Taten auch sittenwidrig sind, der Einwilligung daher gem. § 226a die rechtfertigende Wirkung zu versagen ist. Diese Frage kann aber nur dann zutreffend beantwortet werden, wenn die inhaltliche Ausgestaltung des ausfüllungsbedürftigen Begriffs »sittenwidrig« bekannt ist.

Der Begriff »sittenwidrig« ist dem Zivilrecht, dort der Formulierung »gegen die guten Sitten« in den §§ 826 und 138 Abs. 1 BGB, entnommen 15. Es ist daher zunächst zu klären, welchen Inhalt der Begriff der »guten Sitten« im Zivilrecht hat. Ausgangspunkt ist dabei die zum Zeitpunkt der Entstehung des BGB allgemeingültige Ansicht, daß in der Bevölkerung eine erkennbare einheitliche Überzeugung vom Inhalt »guter Sitten« bestehe 16. So würden sich in den »guten Sitten« die Auffassungen aller billig und gerecht Denkenden ausprägen 17. Zum Begriff der »guten Sitten« im Zivilrecht gilt es zwei Gesichtspunkte festzuhalten: der Begriff ist ein Objektivum 18, seinen Inhalt bestimmt danach die Rechtsmoral 19, welche im Zivilrechtsverkehr gilt.

Fraglich ist daher, ob zur Ausfüllung des Begriffs »sittenwidrig« diese Kriterien herangezogen werden dürfen. Eine Klärung des Problems erscheint mir bei einer Auslegung des Begriffs vor dem Hintergrund der Rechtsentwicklung in Deutschland möglich. Die Einführung des § 226a wurde damit begründet, der Gesetzgeber habe vor allem dem Schutz von Volksgesundheit und Bevölkerungswachstum Rechnung tragen wollen 20. Diese Annahme ist jedoch unvollständig. Wie Roxin 21 beiläufig, aber zutreffend bemerkt, hat die Rechtsprechung bereits vor Einführung des § 226a das Sittenwidrigkeitskriterium gerade an den Fällen abnormer Triebbefriedigung entwickelt 22. In diesen Fällen kam es aber gerade nicht darauf an, daß neben dem durch die §§ 223 ff. geschützten Rechtsgut ein weiteres verletzt wurde. Wäre es dem NS-Gesetzgeber tatsächlich um den Schutz weiterer Rechtsgüter gegangen, so hätte es eines auf die Sittenwidrigkeit der Tat abstellenden § 226a nicht bedurft; denn Volksgesundheit und Bevölkerungswachstum werden unter Umständen auch durch nicht sittenwidrige Körperverletzungen beeinträchtigt. Die in § 226a kodifizierte Regelung war bereits vor 1933 in Strafgesetzentwürfen vorgesehen, Gesetz wurde sie aber erst zu Beginn der Nazi-Herrschaft 23. Der NS-Rechtsprechung ging es bei Anwendung des § 226a nicht so sehr um den Schutz der Volksgesundheit, sondern vor allem um die Durchsetzung eines weiteren Instruments totalitärer Sozialkontrolle 24. Ein beredtes Beispiel dafür bietet die bereits zitierte Entscheidung des LG Hamburg. Das LG führt aus 25:

»Nicht der Masochist wird geschützt, sondern die Gesellschaftsordnung wird gewahrt, und vor allen Dingen mit Mitteln des Strafrechts der nicht aussichtslose Versuch gemacht, einer Bordellpraxis entgegenzuwirken, die auf Personen, welche zum Masochismus bereits neigen oder sich aus geschlechtlicher Übersättigung bzw. leichtfertiger Neugierde dazu hingezogen fühlen, nur zu leicht i. S. einer Förderung ihrer Wünsche oder der Befriedigung ihrer Neugierde, also verführend wirkt.«

Nicht nur, daß in der Bezugnahme auf die geschlechtliche Übersättigung eine grobe Verkennung der Ursachen masochistischer Szenen liegt 26, es wird auch nicht etwa auf die Folgen der Tat abgestellt, zum Beispiel durch Unterstellen eines progredient-suchtähnlichen Verlaufs 27. Entscheidend war vielmehr der Gedanke, ein anständiger Volksgenosse tut so etwas nicht! Das Verhalten war moralwidrig und also sittenwidrig.

Auch wenn es banal anmuten mag: mit dem Zusammenbruch des »Tausendjährigen Reiches«, spätestens aber mit dem sog. »Lüth«-Urteil des VerfG 28, war einer derart extensiven Auslegung des Begriffs »sittenwidrig« der Boden entzogen. Das BVerfG stellt in diesem Urteil klar 29, daß die Grundrechte als verfassungsrechtliche Grundentscheidung eine objektive Wertordnung darstellen, die für alle Bereiche des Rechts gilt. Geht man von einer mittelbaren Drittwirkung der Grundrechte aus, so figurieren als ihre Einbruchsstellen die wertausfüllungsbedürftigen Begriffe des Strafrechts 30. Der Begriff »sittenwidrig« ist wertausfüllungsbedürftig, eine mittelbare Drittwirkung der Grundrechte daher dort zu berücksichtigen. Es wäre daran zu denken, daß sado-masochistische Tätigkeiten grundsätzlich (zu den Einschränkungen später) von Art. 2 Abs. 1 erfaßt werden. Dies deshalb, da auf nichtökonomischem Gebiet wegen des vom Grundgesetz intendierten lückenlosen Wertschutzes von einer extensiven Interpretation des jeweiligen Einzelfreiheitsrechts auszugehen ist 31. Dies gilt insbesondere von »gewissen Erscheinungsformen der Intimsphäre« 31, zu welcher sado-masochistische Tätigkeiten zweifellos gehören. Da aber als unmittelbarer Verfassungsvorbehalt des Art. 2 Abs. 1 das Sittengesetz figuriert, mutet eine für die inhaltliche Ausgestaltung des § 226a auf Art. 2 Abs. 1 zurückgreifende Argumentationsweise auf den ersten Blick als Zirkelschluß an. Hinzu kommt, daß sich das BVerfG 32 bereits mit der Frage des Verstoßes von homosexuellen Handlungen gegen das Sittengesetz befaßte und diesen unmißverständlich feststellte. Das BVerfG führte dagegen bereits im sog. »Elfes«-Urteil 33 aus, es gäbe einen

»... letzten unantastbaren Bereich menschlicher Freiheit ..., der der Einwirkung der gesamten öffentlichen Gewalt entzogen ...«

sei. Wenn aber der Sozialbezug intensiv genug ist, so sei eine staatliche Einwirkung zulässig 34. Damit hat das BVerfG die Tür zur Lösung des Problems zwar zunächst einen kleinen Spalt geöffnet, dies aber nur, um sie um so heftiger zuschlagen zu können. Denn ob die öffentliche Gewalt einwirkungsberechtigt ist, kann dann nur noch davon abhängen, welcher Art und welchen Inhalts der Sozialbezug der Handlung ist. Das BVerfG versucht aber gerade, diese Konsequenz zu umgehen, indem es den Begriff des Sozialbezuges sehr eng auslegt, etwa, wenn die Handlung die Persönlichkeitssphäre eines anderen berühre, so sei die für eine staatliche Einwirkung erforderliche Zulässigkeitsvoraussetzung gegeben 34. Für eine tiefergehende, genauere Beurteilung des Verhaltens versperrt man sich aber gerade dann den Weg, weil die Beziehung zum Sozialen gleichgesetzt wird mit der Beziehung zum Sexualpartner, ein weitergehender Sozialbezug aber ausgeklammert bleibt. Das Verhalten muß aber nicht nur hinsichtlich seines äußeren Erscheinungsbildes, sondern auch hinsichtlich seines sozialen Bedeutungsgehalts, vor allem hinsichtlich seiner Ursachen und Folgen untersucht werden.

Es sei bereits an dieser Stelle darauf hingewiesen, daß ein Verstoß der sado-masochistischen Akte gegen das Sittengesetz dann nicht in Betracht kommen können, wenn die Entstehung des devianten Verhaltens nicht in erster Linie den mehr oder weniger darunter Leidenden zugerechnet werden kann und sowohl Ausführung als auch die Folgen des bizarren Szenarios die Gesellschaft nicht belasten. Es würde hier zu weit führen, sämtliche Erklärungsversuche für diese bizarren Spielarten des Sexuallebens bis ins Detail wiederzugeben. Der Verfasser beschränkt sich auf eine schlaglichtartige Darstellung vor allem des Masochismus 35. Tatsache ist, daß entgegen der zum Teil von Rechtsprechung 36 und außerpsychiatrischem Schrifttum 37 vertretenen Ansicht Ursache für deviantes Sexualverhalten nicht Absättigung und Langeweile am normalen Sexualverhalten ist 38. Wer die genauen Ursachen von Sadismus und Masochismus zur Kenntnis nehmen will, dem sei für Sadismus die Lektüre der Kapitel 2 und 3 in »Angst, Lust, Zerstörung« von Schorsch/Becker, für Masochismus »Masochism in modern man« = »Aus Leiden Freuden« von Theodor Reik empfohlen. Stark verkürzt kann man zur Erklärung des Masochismus mit Reik sagen 39:

»In einer Ansicht, die sich mit dem Vordergrund begnügt, muß man annehmen, daß im Masochismus ein Stückchen vergänglicher Lust mit einem besonders hohen Opfer und einer großen Unlust erkauft wird. Wer besser sieht, erkennt in ihm den Versuch, die alten schweren Ängste des Kindes zu bewältigen und weiß: Sein oder Nichtsein, das ist hier die Frage.«

Datenschlag-Kommentar: Dieser Erklärungsversuch Reiks ist nur einer von vielen und kann hier stellvertretend für alle psychoanalytisch orientierten Deutungsmodelle stehen. Ob solche Interpretationen auf mehr als einen kleinen Teil aller Sadomasochisten zutreffen, ist nach wie vor völlig ungeklärt.

Weitaus mehr Aufmerksamkeit muß jedoch den Folgen sado-masochistischer Praktiken geschenkt werden. Im psychiatrischen und kriminologischen Schrifttum 40 wird häufig die Ansicht vertreten, daß es durch das Ausspielen sado-masochistischer Vorstellungen in gespielten Szenen zu einer Entlastung des sozialen Handelns durch Kanalisierung und Ritualisierung destruktiver Triebimpulse komme und infolgedessen die Destruktivität keinen Eingang in das soziale Handeln finde, da die Triebimpulse in einer rituell-magischen Phantasiewelt entschärft würden. Die Sozialrelevanz dieser devianten Verhaltensweise liegt danach allenfalls vordergründig in einer Störung durch sado-masochistische Triebimpulse, letztlich aber doch in einer Entlastung der Gemeinschaft von derartigen Impulsen. Freilich mag man dagegen zunächst einwenden, dies sei ein Ausflug ins Reich der Spekulation, mehr Bekenntnis als Erkenntnis, wortreiche Leere subjektiven Meinens, da die sado-masochistische Subkultur schwer zugänglich, eine Überprüfung des Sozialverhaltens ihrer Mitglieder daher vollkommen unmöglich sei. Dieser Einwand ist keinesfalls völlig unzutreffend, jedoch legt eine behutsame Inspektion vorhandenen juristischen und psychiatrischen Fallmaterials die obengenannte Ansicht nahe 41. So beobachtete Schorsch 42, daß, bis auf eine Ausnahme, kein Mitglied der sado-masochistischen Subkultur in sadistisch-devianter Weise kriminell wurde, während andererseits sadistisch-deviante Kriminelle keinen Zugang zur Subkultur der Sadomasochisten hatten. Aus dieser Beobachtung kann zunächst der naheliegende Schluß gezogen werden, daß sadistische Gewaltverbrecher und Subkultur-Sadisten zwei verschiedenen Gruppen angehören, die Folgerung, erst durch das Praktizieren sado-masochistischer Handlungen werde der Deviante kriminell, haltlos ist. Weiter gilt es zu berücksichtigen: würden sado-masochistische Handlungen strafrechtlich verfolgt und würde die Verfolgungsprävention Wirkung zeigen, so ist nicht auszuschließen, daß der Masochist selbst Hand an sich legt. Dies bedeutet, daß er sich selbst mit Hilfe einer Aufhängevorrichtung 43 aufhängt 44, sich mittels elektrischem Strome selbst martert 45 und dergleichen mehr. Dabei kommt es jedoch nicht selten zu Todesfällen 46. Bemerkenswert ist zum Beispiel, daß zu Beginn der siebziger Jahre alleine die Kripo Nürnberg in weniger als einem Jahr mit vier Todesfällen im Zusammenhang mit autoerotischen masochistischen Praktiken konfrontiert wurde 47. Hätten die Beteiligten die Handlung mit Hilfe und unter Aufsicht eines entsprechenden Partners ausgeführt, so wäre der Todeseintritt mit hoher Wahrscheinlichkeit vermieden worden 48.

Darüber hinaus existiert eine Vielzahl von Fällen, in denen ein Masochist, der keinen Zugang zur Subkultur der Sadomasochisten hatte; im Zusammenhang mit seiner Perversion kriminell wurde 49.

Zusammenfassend ist festzuhalten: Betrachtet man nicht nur das äußere Erscheinungsbild einer bizarr anmutenden sado-masochistischen Schlageszene, sondern stellt man unter Berücksichtigung und in Fortführung der Argumente des BVerfG in seinem Urteil vom 10.5.1957 32 auf den Sozialbezug der Handlung ab, so sind wegen der Folgen eines wirkungsvollen Verbots, insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Schadensbegrenzung für den einzelnen und die Rechtsgemeinschaft, sado-masochistische Praktiken grundsätzlich zuzulassen. Sie werden durch Art. 2 Abs.1 grundsätzlich geschützt. Dies bedeutet freilich nicht, daß alles erlaubt ist, was gefällt. Wegen des in Art. 103 Abs. 2 und § 1 verankerten Bestimmtheitsgebots muß jedoch für die Beteiligten klar erkennbar sein, welche Handlungen vom Verdikt der Sittenwidrigkeit erfaßt werden und welche nicht; denn jedermann soll vorhersehen können, welches Verhalten mit Strafe bedroht ist 50. Da gerade die vorstehenden Ausführungen zeigen, welch sozialschädliche Folgen eine vorurteilsbeladene Sittenwächterei nach sich ziehen kann, ist eine allgemeinverbindliche und allgemeinverständliche Grenzziehung zwischen erlaubtem und verbotenem Tun vonnöten. Zu eng erscheint dabei freilich die Ansicht Horns 51, der lediglich Körperverletzungen, die zum Zwecke einer Straftat vorgenommen werden, als sittenwidrig bezeichnet. Das Verdikt der Sittenwidrigkeit trifft die Handlung bereits dann, wenn der Verletzte durch die Tat in der Erfüllung seiner sozialen Aufgaben beeinträchtigt wird 52. Dies ist bei einfachen Körperverletzungen gem. § 223 und gefährlichen Körperverletzungen gem. § 223a für gewöhnlich noch nicht der Fall. Problematisch ist dies allerdings im Hinblick auf die Tatbestandsalternative »mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung« bei § 223a. Aus § 216 folgt, daß das Leben kein disponibles Rechtsgut ist. Daher könnte man zu der Auffassung gelangen, der Verletzte könne nicht in eine konkrete Lebensgefährdung einwilligen 53. Indessen ist dieser Schluß nicht zwingend. Aus § 216 folgt nur, daß der Rechtsgutsträger nicht in eine auf Herbeiführung des Todes zielgerichtete Handlung eines Außenstehenden einwilligen kann. Für die Lebensgefährdung ist dagegen zu beachten: der Rechtsgutsträger kann in die Gefährdung seines Lebens einwilligen, wenn er die Gefahr in klarer Kenntnis der Sachlage in Kauf genommen und der Gefährdende seiner allgemeinen Sorgfaltspflicht genügt hat 54. Daher sind sado-masochistische Körperverletzungen trotz vorliegender Einwilligung nur dann strafbar, wenn der Kernbereich der Körperintegrität verletzt ist 55. Als objektivierbare, verbindliche Grenze bieten sich denn auch die §§ 223, 223a einerseits und die §§ 224, 225, 226 andererseits an 55. Gerade dann aber ergeben sich neue Probleme. Wenn es zutrifft, daß sado-masochistische Szenen einen progredient-suchtähnlichen Verlauf nehmen 56, so wäre durch das Praktizieren sado-masochistischer Handlungen das soziale Handeln nicht ent-, sondern belastet, die Grenzziehung zwischen §§ 223, 223a einerseits und §§ 224 ff. andererseits aufzugeben. Da als Ergebnis der devianten Praktik, bestehend aus vielen Einzelakten, die Sucht auftreten würde, müßte bereits das erste Zusammentreffen pönalisiert werden, da es unmöglich ist, die für das Abhängigwerden maßgebliche Einzelhandlung herauszufinden. Von einem progredient-suchtähnlichen Verlauf kann jedoch nicht ausgegangen werden. Das meist gleichbleibende bizarre Ritual dient als Ventil für sozial durchaus gut Angepaßte, die destruktiven Triebimpulse von Zeit zu Zeit auszuleben 57. Ein wirkliches Problem liegt jedoch in der von Psychiatern häufig beobachteten, durch masochistische Betätigung erst entstehenden, psychisch bedingten Impotenz 58

Datenschlag-Kommentar: Die hierzu genannten Quellen sind sehr alt und z.T. nicht die zuverlässigsten. Im neueren Schrifttum ist von dieser "Impotenz durch masochistische Betätigung" unseres Wissens nicht mehr die Rede.

in bezug auf gewöhnlichen heterosexuellen Verkehr des Masochisten. Da es in Extremfällen zur Zeugungsunfähigkeit kommen kann, stellt sich die Frage, durch welchen Einzelakt dieses Ergebnis hervorgerufen wurde. Da dies zu beantworten in praxi kaum möglich sein wird, könnte man auf den Gedanken kommen, es sei wegen der gesteigerten Gefahr des Eintritts einer in § 224 vorgesehenen qualifizierenden Folge bereits jede sado-masochistische Körperverletzung zu pönalisieren. Um die auftretenden Kausalitätsschwierigkeiten zu umgehen, scheint dies ein gangbarer Weg zu sein. Diese Folgerung zu ziehen, ist jedoch aus mehreren Gründen unzulässig: zum einen handelt es sich nicht um ein materiellrechtliches, sondern um ein tatsächliches Problem. Im Strafverfahren würden danach Zweifel zu Lasten des Beschuldigten gehen. Dies ist aber nach dem Grundsatz »in dubio pro reo« ausgeschlossen. Ferner ist zu berücksichtigen, daß § 224 ein erfolgsqualifiziertes Delikt ist, der eintretende Erfolg für den Täter daher vorhersehbar sein muß. Da der Maßstab für die Vorhersehbarkeit aber rein subjektiv zu bestimmen ist 59, kommt es für eine Strafbarkeit nach § 224 darauf an, was der Täter nach seinen persönlichen Kenntnissen und Fähigkeiten in der konkreten Tatsituation als möglich hätte vorhersehen können. Für einen psychiatrisch ungeschulten Devianten ist es dagegen im Normalfall unmöglich vorherzusehen, daß der Masochist durch Ausübung des abweichenden Sexualverhaltens zeugungsunfähig werden kann. Eine Strafbarkeit sado-masochistischer Körperverletzungen kommt also nur in Betracht, wenn sie tatbestandsmäßig, rechtswidrig und schuldhaft § 224, § 225 oder § 226 erfüllen.

 

IV. Der masochistische Anstifter

Der Masochist ist meist nicht passiv. Er bestimmt den Rahmen, innerhalb dessen das bizarre Spiel abzulaufen hat 60. Von Interesse ist daher, ob er selbst in den Fällen der Bestimmung seines Partners zu einer schweren Körperverletzung als Anstifter zu dieser Tat bestraft werden kann.

Eine Bestrafung wegen Anstiftung zu (beabsichtigter) schwerer Körperverletzung ist dann unvermeidlich, wenn man als Strafgrund der Teilnahme die Verstrickung des Täters in Schuld und Strafe durch den Teilnehmer ansieht. Diese sog. »Schuldteilnahmetheorie« 61 ist jedoch durch § 29 überholt, weil nach dieser Vorschrift auch die Teilnahme an einer schuldlosen Tat möglich ist. Auch § 257 Abs. 3 Satz 2 läßt sich nicht zur Geltung dieser Theorie anführen, da diese Norm - eben wegen des in § 29 zum Ausdruck kommenden Gedankens - systemwidrig ist 62. Strafbegründend ist vielmehr der »akzessorische Rechtsgutsangriff« 63 des Teilnehmers. Bereits v. Kries bemerkte 64:

»Diejenige Person, zu dessen Schutz ein Strafgesetz erlassen ist, kann niemals wegen Teilnahme an der Übertretung desselben bestraft werden.«

Somit ist danach ein Opfer, das den Täter zur Verletzung seiner - des Opfers - Rechtsgüter bestimmt, nicht wegen Anstiftung zur Haupttat strafbar. Eine Ausnahme soll aber gerade für den Bereich vorsätzlicher Körperverletzungen gelten 65. § 226a wolle die »allgemeine Achtung der physischen Integrität des einzelnen absichern« 65. Dieses Achtungsgebot gelte danach nicht nur gegen den Täter, sondern auch für und gegen das Opfer, welches zugleich Anstifter ist. Danach wäre das zur Körperverletzung anstiftende Opfer strafbar, wenn der Einwilligung gem. § 226a die rechtfertigende Wirkung entzogen ist. Dies ist jedoch aus mehreren Gründen unzutreffend. Man stelle sich vor, der Masochist suche sich eine Partnerin, welche die Voraussetzungen des § 20 erfüllt. Er mag, wenn er sein Werkzeug zur Vornahme sadistischer Handlungen verleitet, wegen eines Sexualdelikts bestraft werden, wegen schwerer Körperverletzung in mittelbarer Täterschaft wird er jedenfalls nicht bestraft, weil er nicht »einen anderen« hat mißhandeln lassen, sondern sich selbst. Bestraft man den Anstifter für seine mindere Beteiligungsform, so ist dies ein Wertungswiderspruch. Zweitens: es sei das Opfer Anstifter zu einer Tötung auf Verlangen (§ 216 I) und es trete entgegen der Vorstellung sämtlicher Beteiligter der Tod nicht ein, so ist das Opfer nicht gem. §§ 216 I, 26 strafbar 66. Dies deshalb, weil das angegriffene Leben wegen der Straflösigkeit des Suizids gegenüber dem Anstifter, der zugleich Tatopfer ist, strafrechtlich ungeschützt ist 66. Da aber die Körperverletzung wegen ihres geringeren Unwertgehaltes »notwendiges Durchgangsstadium für die Tötung ist« 67, folgt daraus, daß das anstiftende Opfer einer Körperverletzung erst recht nicht strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden kann. Das dritte Argument betrifft die Rechtswidrigkeit. Willigt das Opfer in seine Tötung ein, so ist die Einwilligung gänzlich unbeachtlich 68, weil das Rechtsgut Leben nicht disponibel ist. Anders dagegen die körperliche Unversehrtheit. Die Einwilligung in eine Körperverletzung hat grundsätzlich rechtfertigende Wirkung, in den Fällen des § 226a ist der Rechtfertigungsgrund zwar nicht vollständig, aber doch teilweise erfüllt 69. So ist auch die Verfügungsbeschränkung hinsichtlich des Rechtsguts körperliche Unversehrtheit dahingehend zu verstehen, daß das Rechtsgut gegenüber Beeinträchtigungen durch Außenstehende nur innerhalb eines hinnehmbaren Rahmens zur Disposition gestellt wird 70. Daraus folgt aber, daß ein Masochist nicht wegen Anstiftung zu (beabsichtigter) schwerer Körperverletzung strafbar ist.

 

V. Zusammenfassung

Hinsichtlich der Strafbarkeit sado-masochistischer Körperverletzungen ist zu differenzieren: nicht jede, namentlich nicht die lediglich von § 223 und § 223a erfaßte Tat ist bei vorliegender Einwilligung des Masochisten strafbar. Dem Verdikt der Sittenwidrigkeit unterfallen daher nur die Körperverletzungen nach §§ 224 ff. Zur Begründung dient ein gewandeltes Verständnis vom Inhalt des Begriffs »sittenwidrig«. Auf bloße Moralwidrigkeit kommt es nicht (mehr) an, entscheidend kann nur sein, inwieweit das Verhalten in seinen Ursachen und Konsequenzen sozialwidrig ist. Der seinen Partner zu einer schweren Körperverletzung bestimmende Masochist ist nicht wegen Anstiftung zu schwerer Körperverletzung strafbar, da seine körperliche Integrität ihm selbst gegenüber - außer bei Verstümmelung zu deliktischen Zwecken - strafrechtlich ungeschützt ist.


1 Ein Beispiel: vgl. Prinz (Ausg. München) 1990/3/182: »Liebhaber rot-gestriemter Mädchenpopos sucht entsprechend veranlagtes Mädchen (ab 18) oder Mutter mit Tochter (ab 18) für Familienerziehung. Kein Sex! Chiffre-Nr. ...«

2 Auf diese Schwierigkeit weist bereits Spengler, Sadomasochisten und ihre Subkulturen, 1979, S. 108 hin; ähnlich Schorsch in: Sigusch (Hrsg.), Die sexuelle Frage, 1982, S. 193 ff. (193 f.).

3 Krafft-Ebing, Psychopathia sexualis, 12. Aufl. 1902, Kapitel IV/2, S. 105

4 Reik, Aus Leiden Freuden, 1983, S. 13 (engl. Original: Masochism in modern man, London 1940); in folgender Darstellung wird stets nur auf die deutsche Übersetzung verwiesen.

5 Dies ist ein Bestandteil des Erklärungsversuchs von Schorsch/Becker, Angst, Lust, Zerstörung, 1977, S. 41

6 Wulffen, Der Sexualverbrecher, 1922, S. 509

6a Artt. ohne Gesetzesangabe sind solche des GG, §§ solche des StGB.

7 Vgl. RGJW 1928, 2229 ff. (2231); RGJW 1929, 1015 ff. (1017).

8 RGBl. I S. 298

9 Inwieweit das RG damit auf Regelungen nicht Gesetz gewordener StGB-Entwürfe zurückgriff: vgl. Bohne, JW 1928, 2229 ff. (2230).

10 Vgl. etwa RGSt 74, 91 ff. (95); BGHSt 4, 91 ff. (91); LG Hamburg, DR 1939, 1508 f. (1509).

11 LG Hamburg, DR 1939, 1509

12 Vgl. Roxin, JuS 1964, 373 ff. (379).

13 Vgl. Berz, GA 1969, 145 ff. (147).

14 Es wird unterstellt, daß die Einwilligung lediglich die Rechtswidrigkeit, nicht bereits die Tatbestandsmäßigkeit ausschließt; a.A. vgl. statt aller Geppert, ZStW 83 (1971), 948 ff. (968).

15 Vgl. Bohne, JW 1928, 2230.

16 Vgl. etwa Roth-Stielow, JR 1965, 210 ff. (210) m.w.N.

17 Mot. II, 727.

18 Vgl. Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, Bd. 2, 3. Aufl. 1979, S. 364.

19 So etwa Staudinger/Dilcher, 12. Aufl. 1980, § 138 Rdnr. 6.

20 Vgl. Berz, GA 1969, 151.

21 Vgl. Roxin, JuS 1964, 379.

22 RG, a.a.O. (Fn. 7).

23 Eine Übersicht über die einzelnen Entwürfe findet sich bei Bohne, JW 1928, 2230; im einzelnen sind dies KE 1913 (§ 293); E 1925 (§ 239), E 1927 (§ 264).

24 Daß totalitäre Sozialkontrolle eine wichtige Aufgabe der Nazi-Justiz gewesen ist, zeigen zahlreiche Beispiele: hier soll nur ein sehr eindrucksvolles Beispiel angeführt werden: RGSt 71, 159 ff. (164) (Urt. v. 18.3.1937); Problemkreis: Möglichkeit der Kundgabe ehrverletzender Äußerungen auch im engsten Familienkreis: »Ebenso ist auch geboten, keine allgemeine Erlaubnis zu Ehrenkränkungen bei vertraulichen Mitteilungen im engsten Familienkreis zu erteilen. Selbstzucht ist auch im Kreise der Familie geboten, besonders wenn man an Ehrenkränkungen gegenüber den Führern von Staat und Partei durch politisch Abseitsstehende denkt, die in vielen Fällen nicht aufgrund des Heimtückegesetzes bestraft werden können.«

25 LG Hamburg, DR 1939, 1509

26 Vgl. Schorsch in: Spengler (Fn. 2), S. 11

27 Wie dies Brauneck, Kriminologie der Sexualdelikte, 1970, S. 55 unternimmt.

28 BVerfGE 7, 198 ff.

29 A.a.O., S. 205

30 A.a.O., S. 206; dort für die Generalklauseln des Zivilrechts; dies gilt a fortiori für die Generalklauseln des Strafrechts.

31. Vgl. etwa Maunz/Dürig, 6. Aufl. 1983, Art. 2 I Rdnr. 10.

32 BVerfGE 6, 389 ff. = NJW 1957, 865 ff.

33 BVerfGE 6, 32 ff. (41).

34 BVerfGE, NJW 1957, 867.

35 Dies aus drei Gründen: zum einen wird in der juristischen Literatur vorzugsweise auf den Sadismus Bezug genommen, während Masochismus stark vernachlässigt wird; zum anderen bestehen hinsichtlich der Entstehung beider Anomalien keine wesentlichen Unterschiede; schließlich - und dies ist der entscheidende Grund - gibt es in praxi wesentlich mehr Masochisten als Sadisten in der subkulturellen Szene: vgl. Spengler, S. 21.

36 LG Hamburg (Fn. 25).

37 V.a. de River, Der Sexualverbrecher, 1951, S. XIII ff.

38 Vgl. Schorsch in: Spengler (Fn. 2), S. 11

39 Reik (Fn. 4), S. 167.

40 Vgl. etwa Schorsch/Becker (Fn. 5), S. 56; Berner/Karlick-Bolten, Verlaufsformen der Sexualkriminalität, 1986, S. 30; Spengler (Fn. 2), S. 68.

41 Nur beiläufig sei hier ein von Reik (Fn. 4), S. 151 geschilderter Fall erwähnt: ein Patient gab seine masochistischen Praktiken unter dem Eindruck bestimmter Erlebnisse auf. Bei seinen Abendspaziergängen beschäftigten ihn nun Phantasien sadistischen Inhaltes, insbesondere die Vorstellung, eine Frau zu ermorden, erregte ihn sexuell.

42 In Spengler (Fn. 2), S. 8.

43 Zu beachten bleibt allerdings, daß die sog. »Hypoxie-Erregung« (Strangulierung - Sauerstoffmangel - Lustgefühl) vereinzelt nicht dem Sadomasochismus, sondern dem Fetischismus zugerechnet wird; vgl. etwa Sattler, Krim. 1974, 455; dies ändert nichts an der Tatsache, daß gerade das Aufhängen an entsprechenden Vorrichtungen zu den beliebten masochistischen Praktiken gehört: vgl. Reik (Fn. 4), S. 80; Morneau/Rockwell, Sex, Motivation And The Criminal Offender, 1980, S. 238-257.

44 Vgl. Fall bei Kellerhals, Krim. 1963, 28 f.

45 Vgl. Fallschilderung von Heusser, Krim. 1955, 476; Morneau/Rockwell (Fn. 43), S. 234 ff.

46 Vgl. etwa Prokop/Radam, Atlas der gerichtlichen Medizin, 2. Aufl. 1987, S. 582-595, 599 ff.; Bartmann, Dubiose Fälle, 1954, Fall 13, S. 55 ff.

47 Vgl. Daucher, Krim. 1974, 262 ff., 360 ff.

48 Dagegen sprechen auch nicht die gelegentlich anläßlich männlich-homosexueller sado-masochistischer Praktiken zu beobachtenden vorsätzlichen Tötungen (Fallbeispiel bei Prokop/Radam, Fn. 46, S. 597 ff.); meist ist das Tötungsmotiv Habgier oder plötzliche Aversion des Strichjungen gegenüber dem Partner, vgl. Rasch in Sieverts/Schneider, HwbKrim, Bd. 3, 1975, S. 353 ff. (371).

49 Vgl. etwa Ballhause, Krim. 1953, 185 f. (Vortäuschen einer Straftat); Riesen, Krim. 1962, 39 f. (Amtsanmaßung); Erich, Krim. 1964, 515 f. (Vortäuschen einer Straftat); Siegrist, Krim. 1970, 493 f. (Vortäuschen einer Straftat); Aeppli, Krim. 1954, 318 (Diebstahl von Peitschen und Werkzeugen); Ulonska, Krim. 1966, 149 f. (versuchter Mord?).

50 Vgl. BVerfG, NJW 1989, 1663 ff. (1663).

51 SK-Horn, 5. Aufl. 1988, Rdnr. 9 zu § 226a.

52 So bereits für die Zeit vor Einführung des § 226a Mezger, GS 89 (1924) 207 ff. (272 f.).

53 So Roxin (Fn. 12), S. 379).

54 Vgl. RGSt 57, 172 ff. (173 f.); BGHSt 4, 88 ff. (93), 7, 112 ff. (115).

55 Ebenso Hirsch in Welzel-FS, 1974, S. 775 ff. (799).

56 So Brauneck (Fn. 27), S. 55.

57 Vgl. etwa Berner/Karlick-Bolten (Fn. 40), S. 30; Franzen, Die Flagellomanie, 1953, S. 120, 168.

58 So bereits Krafft-Ebing (Fn. 3), S. 105; auch Reik (Fn. 4), S. 34, 85; Wulffen (Fn. 6), S. 503; Franzen (Fn. 57), S. 109 f.

59 Vgl. Sch-Sch-Cramer, 23. Aufl. 1989, Rdnr. 199 zu § 15.

60 Vgl. Pauly, Die Algolagnie, 1956, S. 107; Benard/Schlaffer, Psychologie heute, 1980/11/56 ff.

61 Vertreter: Less, ZStW 69 (1957), S. 43 ff. (45 ff.); H. Mayer, Das Strafrecht des deutschen Volkes, 1936, S. 334.

62 Vgl. Herzberg, JuS 1975, S. 792 ff. (795); Otto, Lange-FS, 1976, S. 197 ff. (200).

63 So v.a. LK-Roxin, 10. Aufl. 1985, Rdnr. 7 vor § 26.

64 Vgl. v. Kries, ZStW 7 (1887), S. 521 ff. (527).

65 Vgl. Otto (Fn. 62), S. 213.

66 Vgl. LK-Roxin (Fn. 63), Rdnr. 2 vor § 26.

67 Statt aller BGHSt 16, 122 ff. (123).

68 Vgl. BGHSt 4, 88 ff. (93).

69 So Jescheck, Lehrbuch des Strafrechts, 4. Aufl. 1988, S. 299.

70 LK-Hirsch, 10. Aufl. 1989, Rdnr. 7 zu § 226a.

71 Vgl. §§ 109 Abs. 1, 1. Alt. StGB, 17 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. WStG.


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