Teiles, oder auch nur des Zuschauers versetzte. Im letzteren Falle pflegte er das lebhafteste Mitleid zu empfinden, so dass ihm ein bei M. Perty gefundener Satz: „Die Reflexe stärkeren Mitleids treten gern in den Geschlechtsteilen auf, bei reizbaren Individuen bis zu Pollutionen“ eine Zeitlang als Erklärung seiner ihn befremdenden und mitunter beunruhigenden (durch Lektüre, wie z. B. Onkel Tom’s Hütte gesteigerten) Erregbarkeit galt. Der natürliche Geschlechtsverkehr bewirkte alsbald ein Aufhören dieser krankhaften Erregungen, die sich in der Ehe nie wieder zeigten.

Nach dieser Erfahrung an sich selbst kann der Anonymus die verbreitete Ansicht, dass das Wesen des Sadismus, die geschlechtliche Erregung durch aktive Misshandlungen als Ausfluss eines Triebes zur aktiven Unterwerfung aufzufassen sei, nicht teilen. Seine „wollüstige“ Erregung bei Misshandlungsvorstellungen war überhaupt keine geistige, sondern eine physische, und diese stellte sich bei einem am richtigsten, wie er sagt, als „antipassivistisch“ zu bezeichnenden Affektzustande ein, der mit einer Art von „Schmerzlüsternheit“ (Algolagnie) verbunden ist. Nach dem Anonymus passen die Bezeichnungen „Sadismus“ und „Masochismus“ eigentlich nur auf solche Fälle von krankhafter Geschlechtslust, die sich im wesentlichen durch den Rausch einer schrankenlos ge- und missbrauchten Macht kennzeichnen, den der Sadist für sich selbst begehrt, während ihn der Masochist einer leidenschaftlich geliebten Person anderen Geschlechts überlässt, um innerlich daran teilzunehmen. Ausser dem geistigen Rausch des Machtbewusstseins, als Erklärung des eigentlichen Sadismus und Masochismus kommt jedoch der vermutlich viel häufigere sinnliche Erregungszustand der sogenannten „Schmerzlüsternheit“, d. h. der mehr oder

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