weniger starken reflektierenden Erregung der Geschlechtsnerven durch Empfindung oder Vorstellung willkürlich erregten Schmerzes als gemeinsames Grundphänomen des vorerwähnten Pseudo-Sadismus und Pseudo-Masochismus in Betracht.

Schmerzlüsternheit und egoistischer oder altruistischer Machtrausch mögen in manchen Fällen mit einander, sowie mit dem geistigen oder sinnlichen Verhältnis der betreffenden Personen zum anderen Geschlecht verknüpft sein; am häufigsten jedoch dürfte die Schmerzlüsternheit (bezw. nach Ansicht des Verfassers der angenehm empfundene Nervenreiz des antipassivistischen Affekts) für sich allein bestehen und vollkommen ausreichen, die fast allgemeine Anziehungskraft grausamer Szenen im Leben und in der Litteratur zu begreifen, ohne dass man deswegen mit Schopenhauer und Nietzsche jedem Menschen, schon jedem Kinde einen „Trieb zur Grausamkeit“ zuschreiben müsste.

Die Entstehung der Schmerzlüsternheit führt der Anonymus auf eine Art von Wesenseinheit zwischen Wollust und Schmerz zurück. - Der Misshandlungsschauder kann unmittelbar in Wollustschauder übergehen, weil beide auf gleichen oder eng zusammenhängenden Vorgängen in Gehirn und Nerven beruhen, oder es kann die Lüsternheit auf einen dem willkürlichen Schmerz an Stärke entsprechenden Genuss in die Geschlechtsorgane, als Organe des einzigen entsprechend starken Lustgefühles ausstrahlen. Bedingung für diese „algolagnistische“ Erregung ist körperlich eine gewisse nervöse Uebererregbarkeit, geistig ein Uebermass des natürlichen, bewusst oder unbewusst stets regen Grundtriebes zum Suchen der Lust und Fliehen des Schmerzes, (welcher Grundtrieb durch Vorstellung einer Vergewaltigung - durch Misshandlungen - wie seiner stärksten Befriedigung - zu

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