und ist selbst die bürgerliche Rechtlosigkeit und Schutzlosigkeit der Frau auch innerhalb unserer Kulturwelt nur sehr allmählich und langsam unter zähestem Widerstande und Widerspruch der in Rechtsprechung und Verwaltung massgebenden Mächte etwas eingeschränkt worden. Diese durch die Jahrtausende forterbende Tradition musste ein nicht allzu seltenes Aufschiessen und Emporwuchern sadistischer Antriebe beim Manne ebenso begünstigen, wie auf der anderen Seite der dem Weibe innewohnende oder künstlich eingepflanzte Dienstbarkeitsdrang, Hingebungs- und Opferungsdrang es seinen Quälern und Peinigern oft nur allzu bequem machte. Zu allen Zeiten und in allen Zungen hat man ja dem Weibe die Pflicht sklavischen Gehorchens und märtyrerhaften Duldens gepredigt - von den Veden und homerischen Epen bis zu unseren neuzeitlichen Dichtern und Denkern; lässt doch selbst der frauenfreundliche Schiller seine Jungfrau durch eine höhere Stimme belehren:

„Gehorsam ist des Weibes Pflicht auf Erden,
Das harte Dulden ist ihr schweres Los -“

und nach Schopenhauer „trägt das Weib die Schuld des Daseins durch Leiden ab“ wie der Mann durch Taten. Kein Wunder, wenn die so stets genährten Gefühle demütiger Hingebung und pflichtschuldiger Opferung für den Herrn und Gebieter bis zur völligen Selbstentäusserung, ja zur Selbstentwürdigung krankhaft überspannt wurden. Ohne die Griseldis-Naturen würde es keinen Walter von Saluzzo, ohne die Käthchen-Naturen keinen Wetter von Strahl geben - und mit aus der Beobachtung geschöpfter Ironie lässt der feine Frauenkenner Gutzkow seine Helene d’Azimont in den „Rittern vom Geiste“ ansingen:

„Armes Lamm, das eine Schlachtbank - oder
Einen neuen Hirten finden muss1).“

Oskar Wilde leistet sich sogar die paradoxe Behauptung: „Von allen Eigenschaften des Mannes schätzen die Weiber die Grausamkeit am höchsten -.“ Und Ferdinand Kürnberger lässt in seinem posthum veröffentlichten Roman „das Schloss der Frevel“ seinen Zwerg Zuppa sich in groteskem Humor ergehen: „Der Kampf, Freundchen, das ist die Quintessenz der Essenz. Die Qual, die ihr dem Weibe antut, die Träne, die ihr ins Auge tritt, und schliesslich habt ihr sie doch überschwatzt und überwunden, he schmeckt das?


1) Nicht als „Lamm“ sondern als „Löwin“ verlangt freilich Hermione von Preuschen von ihrem Freunde:
„Küss diese weissen Hände, die sich ranken
Um deiner Löwenmähne wirr Geflecht -
Und schlag in meine Glieder deine Pranken
Und töte mich - der Löwin wird ihr Recht!

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