im Anfang ebenso enthusiastische Beifallsstürme des internationalen Ästhetentums, wie moralisierenden Widerspruch entfesselten; als Zeichen wechselnder Zeitströmung bleibt immerhin bemerkenswert, dass dem Dichter, den man zu seiner Zeit gerichtlich verurteilte, im heutigen Frankreich ein Denkmal gesetzt wurde! Ihm klingen die Begriffe Liebe und Tod, Qual und Wollust in unauflösbarer Dissonanz ineinander; ja im Genusse der Liebe schwelgt er schon in Vorahnungen des Grauens kommender Verwesung. Sein würdiger Nachfolger war in Frankreich der (auch schon denkmalsreife) geniale Alkoholiker Paul Verlaine (1844-1896; caprices, fêtes galantes, jadis et naguère, romances sans parole usw. - eine Auswahl seiner Gedichte auch ins Deutsche übertragen, bei Schuster und Loeffler 1902). - Auch des genialen Engländers Swinburne 1866 erschienene „poems and ballads“ stürmen zum Teil in wildem Sadismus dahin (so z. B. satia te sanguine, Dolores, les noyades, und die Sapphics; aus dem erstgenannten Gedicht seien als Probe nur zwei Strophen der deutschen Übertragung von Hauser angeführt:

„Ich möcht’ einen Tod dir geben
So herb, dass die Furcht er vertrieb -
Denn besser ist sterben als leben;
Ich wünsche dich tot, mein Lieb.
Ich wünsche vom Blitz dich getroffen,
Und stürbst du, schaute ich zu.
Ich wünsche dich tot wie mein Hoffen -
Mich tot dir zu Füssen wie du.“

An solchen ausländischen Beispielen und Einflüssen haben sich auch deutsche Lyriker zu algolagnistischen Stimmungsergiessungen herangebildet.

Der hochbegabte, zu früh verstorbene Ludwig Jacobowski1) singt in „Warum ich liebe“:

„Doch wenn ich jetzt herüberrisse
Dein stolzes Haupt mit einem Ruck,
Und küsste Dich mit wildem Bisse
Dass kaum Du stammeln kannst „genug“;
Und bluteten Dir beide Füsse
Von meiner Peitsche rotem Strich
- Wehtun schafft tausendfache Süsse! -

Dann lieb ich Dich, dann lieb ich Dich! -“


1) Gesellschaft, Band XV, 1899, Heft 1, p. 33.

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