"Meine nächtlichen Träume bestehen stets in Schuhszenen: entweder ich stehe vor dem Schaufenster eines Schuhladens, eventuell betrachte ich die eleganten Damenschuhe, namentlich die Knöpfschuhe, aut ad pedes feminae jaceo et olfacio et lambo calceoles eius [oder ich liege einer Frau zu Füßen und rieche an ihren Schuhen und lecke sie]. Seit etwa einem Jahr habe ich die Onanie aufgegeben und gehe ad puellas; der Koitus kommt zustande durch festes Denken an Damenknöpfstiefel, eventuell nehme ich den Schuh der puella mit ins Bett. Beschwerden habe ich durch meine frühere Onanie nie gehabt. Ich lerne leicht, habe ein gutes Gedächtnis, habe, so lange ich lebe, noch keine Kopfschmerzen gehabt. - So weit über mich.
"Nur noch ein paar Worte über meinen Bruder: Ich bin fest davon überzeugt, dass auch er Schuhfetischist ist; unter vielen anderen Tatsachen die mir das beweisen, sei nur die eine hervorgehoben, dass es ein grosses Vergnügen für ihn ist, sich von einer (bildhübschen) Cousine treten zu lassen Im übrigen mache ich mich anheischig, von jedem Manne, der vor einem Schuhladen stehen bleibt und sich die ausgelegten Schuhe ansieht, auszusagen, ob er 'Fussfreier' ist oder nicht. Diese Anomalie ist ungemein häufig; wenn ich in Bekanntenkreisen die Unterhaltung darauf leite, was am Weibe reize, hört man ungemein häufig aussprechen, dass es viel mehr das bekleidete, als das nackte Weib sei; wohl aber hütet sich ein jeder, seinen speziellen Fetisch zu nennen. - Auch einen Onkel von mir halte ich für einen Schuhfetischisten."

Beobachtung 71. Z., 28 Jahre, Beamter, stammt von neuropathischer Mutter. Die Gesundheits- und Familienverhältnisse des früh gestorbenen Vaters sind nicht aufzuklären. Z. war von Kindheit auf nervös, impressionabel, gelangte ohne Verführung früh zur Masturbation, wurde von der Pubertät ab neurasthenisch, unterliess eine Zeitlang Onanie, bekam massenhaft Pollutionen, erholte sich etwas in einer Kaltwasserheilanstalt, fühlte lebhafte Libido dem Weibe gegenüber, gelangte aber, teils aus Misstrauen in seine Potenz, teils aus Furcht vor Ansteckung, bisher nicht zum Koitus, wovon er sehr peinlich berührt ist, zumal da er, faute de mieux, wieder in sein geheimes Laster verfällt.
Z. zeigt sich bei eingehender Besprechung seiner Vita sexualis als Fetischist und zugleich Masochist und bietet interessante Beziehungen zwischen diesen beiden Anomalien der Vita sexualis.
Er versichert, dass er seit seinem 9. Lebensjahre ein Faible für den Frauenschuh habe.
Er führt diesen Fetischismus darauf zurück, dass er damals einer Dame ansichtig wurde, als sie zu Pferd stieg und ein Diener ihr den Steigbügel hielt. Dieser Anblick habe ihn mächtig erregt , sich beständig in seiner Phantasie reproduziert und sei immer mehr mit wollüstigen Gefühlen betont worden. Seine Pollutionsgefühle drehten sich später um mit Schuhen bekleidete Weiber. Er schwärmte für Schnürschuhe mit hohen Absätzen. Dazu gesellte sich früh die wollüstig betonte Vorstellung, sich von einem Weibe mit dem Absatz treten zu lassen und in knieender Stellung des Weibes Schuh zu küssen. Am Weibe interessierte ihn nur der Schuh. Geruchsvorstellungen sind dabei nicht im Spiele. Der Schuh als solcher genügt ihm nicht, er muss angelegt sein. Wird Z. einer Dame mit solcher Chaussure ansichtig, so wird er so erregt, dass er masturbieren muss. Er glaubt nur einem Weibe gegenüber potent zu sein, das dergestalt chaussiert ist.
Faute de mieux hat er sich einen solchen Schuh gezeichnet und schwelgt im Anblick dieser Zeichnung, während er masturbiert.

Auch der folgende Fall ist hinsichtlich der Beziehungen des Schuhfetischismus zum Masochismus recht instruktiv, zugleich aber durch

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