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Der Papiertiger: BPjS

 
   
   
   
   
   
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Der Papiertiger ist eine Enzyklopädie des Sadomasochismus, zusammengestellt von Datenschlag. Hier erklären wir Begriffe aus dem SM-Bereich und stellen sie in den Zusammenhang der sadomasochistischen Subkultur und ihrer Traditionen.


Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften, de facto ein Organ der Zensur in Deutschland. Im Gegensatz zu klassischen Zensurbehörden verbietet die BPjS allerdings die Veröffentlichung von Schriften nicht, sondern sorgt für ein Werbeverbot und ein Verbot des Verkaufs an Minderjährige (allerdings dürfen Erziehungsberechtigte ihren Kindern indizierte Titel zugänglich machen). Die BPjS sieht sich daher auch nicht als Zensurorgan:

Die Indizierung hat nicht das generelle Verbot eines Mediums zur Folge. Sie will lediglich verhindern, daß Kinder und Jugendliche mit jugendgefährdenden Medien in Berührung kommen. Deshalb sind die Vorschriften der §§ 3-5 GjS im wesentlichen nicht als Verbote, sondern als Beschränkungen zu verstehen. Erwachsene sollen und müssen weiterhin die Möglichkeit erhalten, indizierte Medien zu beziehen.

Durch das Werbeverbot und die finanziellen Einbußen, die den Verlegern entstehen, werden Neuauflagen nach einer Indizierung allerdings in der Regel unattraktiv. Auch die Barsortimente des deutschen Buchhandels, die Zwischenhändler zwischen Verlagen und Buchhandlungen, vertreiben indizierte Titel in der Regel nicht mehr, so dass sie vom Buchhändler nur noch direkt beim Verlag bestellt werden können. Damit sind die Folgen die gleichen wie bei der klassischen (Vor)-Zensur: Information wird unterdrückt, aufgrund des allgemeinen Werbeverbots haben auch Erwachsene kaum eine realistische Möglichkeit, darauf zuzugreifen.

§ 6 des "Gesetzes über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften" bestimmt, in welchen Fällen von Medien eine schwere Jugendgefährdung ausgeht. Zu den schwer jugendgefährdenden Medien gehören

Schwer jugendgefährdende Medien gelten kraft Gesetzes als indiziert. Die Abgabe- und Verbreitungsbeschränkungen gelten also auch ohne Indizierung durch die Bundesprüfstelle. Um Unklarheiten beim Handel zu vermeiden, nimmt die BPjS aber auch schwer jugendgefährdende Medien auf Antrag ausdrücklich in die Liste auf.

Einen Antrag auf die Aufnahme einer Schrift auf den Index (s. Eintr.: Literatur, indizierte) können stellen: die obersten Jugendbehörden der Länder, die Landesjugendämter, die Jugendämter und der Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit.

Die Bundesprüfstelle entscheidet durch das 12er-Gremium, das monatlich einmal tagt, in Fällen sogenannter einfacher Jugendgefährdung oder durch das 3er-Gremium in Fällen offenbarer Jugendgefährdung und im Eilverfahren. Nach Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts verbindet die Zusammensetzung der Spruchgremien der BPjS vermutete Fachkenntnisse und Elemente gesellschaftlicher Repräsentanz.

Über den Antrag entscheidet dann das 12er-Gremium, das einmal monatlich tagt und sich aus der Vorsitzenden der Bundesprüfstelle, acht Gruppenbeisitzern und drei Länderbeisitzern zusammensetzt. Die Gruppenbeisitzer werden auf Vorschlag ihrer Verbände vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend berufen aus den Kreisen "Kunst, Literatur, Buchhandel, Verleger, Träger der freien und der öffentlichen Jugendhilfe, Lehrerschaft, Kirchen". Die Länderbeisitzer werden von den Landesregierungen ernannt.

In Fällen "offenbarer Jugendgefährdung" entscheidet das 3er-Gremium, das sich aus der Vorsitzenden der Bundesprüfstelle, einem Beisitzer wahlweise aus den Gruppen Kunst, Literatur, Buchhandel, Verleger und einem weiteren Beisitzer zusammensetzt.

Eine Indizierungsentscheidung kann nur vom Verwaltungsgericht aufgehoben werden, oder indem die Verfahrensbeteiligten einen Antrag auf Listenstreichung stellen, über den die BPjS dann "nach pflichtgemäßem Ermessen" entscheidet.

Sadomasochistische Veröffentlichungen waren lange Zeit ein beliebtes Ziel der BPjS; seit dem Ende der 80er Jahre sind aber kaum noch SM-Titel indiziert worden, und das, obwohl die Menge der eindeutig sadomasochistischen Veröffentlichungen in diesem Zeitraum deutlich zugenommen hat.

Nach wie vor erweist sich die BPjS aber auf diesem Gebiet als nicht unbedingt kompetent, so zum Beispiel in ihrer Begründung der Indizierung des traditionsreichen Body Modification Ezine das im Sommer 2000 im verkürzten Verfahren vor dem 3er-Gremium als pornographisch und die Jugend "sittlich gefährdend" indiziert wurde:

Die Frage etwa nach dem Ansehen bei Publikum, Kritik und Wissenschaft, erscheint angesichts der Struktur des Angebotes (das sich bei näherer Betrachtung in einer Zusammenstellung pornographischer Materialien billiger Machart erschöpft) nachgerade absurd.

Während bei homosexuellen Darstellungen auch die BPjS inzwischen von Vorstellungen einer "Ansteckung" durch ihre Betrachtung abgekommen ist, unterliegt der Bereich der sadomasochistischen Darstellungen nach wie vor häufig diesem Missverständnis; so heißt es etwa in der Begründung zur Indizierung des Romans "Neun Wochen und drei Tage" von Elizabeth MacNeill:

Wenn man bedenkt, daß es sich bei der Erscheinungsform des Sadomasochismus um eine pathologische, perverse oder deviante Form der Sexualität handelt, die der Verlag als 'Spiel von Herrschaft und Unterwerfung' bezeichnet, daß die FAZ von der 'Lustpassion' spricht, 'die literarisch wie liebestechnisch in den weiten Grenzen des Geschmacks bleibt' und die Welt am Sonntag nur vom leichten Schauer beim Leser spricht, so kann nicht erwartet werden, daß jugendliche Leser, insbesondere solche, die für diese Materie anfällig sind, die Gefährlichkeit dieser sadomasochistischen Darstellungen durchschauen.

Die BPjS hat ihre Website unter http://bpjs.bmfsfj.de.

Die BPjS gibt eine Reihe von Schriften heraus, die über ihre Zensurarbeit informieren bzw. die indizierten Bücher auflisten: das kostenlos erhältliche "Gesamtverzeichnis indizierter Bücher, Taschenbücher, Broschüren und Comics" auf dem Stand vom 30. April 19931,2. Die Liste aller indizierten Bücher, Taschenbücher, Comics und Broschüren (sowie Videos, Computerspiele, Websites, Tonträger und Beschlagnahmen nach § 184 III und § 131 StGB) ab Mai 1993 findet sich im vierteljährlich erscheinenden "BPjS aktuell", das über die neuesten Beschlüsse der BPjS informiert; das Jahresabo kostet DM 69,50. Beides ist per Fax oder Brief zu bestellen bei:

Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften (BPjS)
Postfach 26 01 21
D-53153 Bonn
Tel 0228 / 37 66 31
Fax 0228 / 37 90 14

oder bei:

Forum Verlag Godesberg GmbH
Ferdinandstr. 16
D-41061 Mönchengladbach
Fax 02161 / 20 91 83 ForumVerlagGodesberg.GmbH@t-online.de

Im Internet gibt es derzeit keine vollständige Liste der indizierten Veröffentlichungen, da eine solche Liste in den Augen der BPjS das dort versammelte Material erst interessant machen würde und außerdem als - verbotene - Werbung für indizierte Titel angesehen werden könnte.

Literaturhinweise:

1 Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften (Hrsg.):
    Gesamtverzeichnis indizierter Bücher, Taschenbücher, Broschüren und Comics  [Details]
2 Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften (Hrsg.):
    Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften informiert  [Details]

 

Synonyme: BPS, Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften

Siehe auch: Zensur, Literatur, indizierte

Auf diesen Eintrag verweisen: Ärzte, Ärzte, Body Modification Ezine, Gor, Gwendoline, Kinder, Literatur, indizierte, Musik, Noncon-Phantasien, Restif de la Bretonne, Zensur

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Stand: 06.03.2002.

 

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