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Die Datenschlag-Chronik des Sadomasochismus
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1960
In dem Ehebuch "Fünf Lektionen der Liebe" rät Allan Baxter dazu, alle sexuellen Praktiken "die zu Sadismus oder Masochismus in irgendeinem Zusammenhang stehen könnten" zu vermeiden, um versteckte sadomasochistische Neigungen nicht zu erwecken.
(Lischke, Gottfried und Tramitz, Angelika "Weltgeschichte der Erotik. Teil 4", Knaur 1995, S. 347)

In den 60er Jahren
Verschiedentlich werden englische Hersteller von Leder- und Gummi-Fetischkleidung gerichtlich verfolgt.
(Ste96, S. 51)

1961
In Großbritannien läuft die Agentenserie "The Avengers" (dt. "Mit Schirm, Charme und Melone") an, in der zunächst Honor Blackman, dann Diana Rigg und später Linda Thorson die Rolle der lederbekleideten Agentin Mrs. Emma Peel übernehmen. Peel ursprünglich geplantes Lederkostüm mit Schnürstiefeln, Korsage und Gesichtsmaske wird von den Produzenten als zu erotisch verworfen.
Trotzdem wird besonders Diana Rigg in den kommenden Jahren zu einer Leitfigur der britischen Fetisch- und SM-Subkultur. Der Name "Mrs. Emma Peel" soll sich angeblich von "Miss SM-Appeal" ableiten.
(Farren, Mick "The black leather jacket" Abbeville Press New York 1985, S. 49)

1961
John Willie erkrankt an einem Gehirntumor. Er zerstört sein Archiv und seine Kundendatei und kehrt nach England zurück.
("The Complete Reprint of John Willie's Bizarre", Taschen Verlag Köln 1995, S. 7)

5. August 1962
John Willie stirbt in Câtel auf der britischen Kanalinsel Guernsey an einem Gehirntumor.
("The Complete Reprint of John Willie's Bizarre", Taschen Verlag Köln 1995, S. 7)
(Rund, J.B. "Die Abenteuer der Sweet Gwendoline", Widder Press Frankfurt 1974, S. VI)

4. Oktober 1962
Reform des StGB in Deutschland, ausgenommen davon ist der §175; Begründung: "Die Reinheit und Gesundheit des Geschlechtslebens ist eine außerordentlich wichtige Voraussetzung für den Bestand des Volkes ..."
(hamburg.gay-web.de/chronik/brd1.shtml)

19. Oktober 1962
Kinostart des Films "Verrat auf Befehl". In dem Agentenkrimi nach dem Roman von Alexander Klein spielt Ingrid van Bergen eine Spionin, die Anfang der 40er Jahre im Rotlichtmilieu von Hamburg St. Pauli arbeitet. Auf einem Promotionfoto sieht man sie als Domina mit Reitgerte, Stiefeln und Handschuhen.
(Ste96a, S. 175)

1962
Der deutsche Sexualwissenschaftler Hans Giese veröffentlicht sein Lehrbuch "Psychopathologie der Sexualität", eine Weiterführung von Krafft-Ebings "Psychopathia sexualis". Die ersten 30 Seiten des Buchs sind der Bedeutung des christlichen Glaubens für die Sexualmedizin gewidmet; zudem bringt er den Sadomasochismus mit einem Anstieg der Abtreibungsrate in Verbindung.
Gieses Lehren beherrschen bis zum 21. Jahrhundert die deutsche Sexualwissenschaft, die sich eher abgeschottet von der restlichen Welt entwickelt. 1992 werden drei der vier Professorenstellen für Sexualforschung in Deutschland von seinen Schülern bekleidet.
(Gie62)
(Hae92)

1962
Die Schweizer Filmemacherin Cléo Uebelmann wird in Luzern geboren.
(Uebelmann, Cléo "The Dominas", Verlag Claudia Gehrke Tübingen 1988)

19. April 1963
Die BPjS indiziert de Sades "Philosophie im Boudoir" in einem Privatdruck aus dem Jahr 1907.
(BPjS93, S. 33)

1964
Gründung eines schwulen Lederstammtisches in Köln, der in privaten Räumen stattfindet und von sechs bis acht Leuten besucht wird.
Erstes bekanntes SM-Treffen in Deutschland.
(Angaben der MS Panther Köln unter home.t-online.de/home/essip-np/panther.htm)

1964
Das Londoner Gummi-Fetischmagazin "Pussy Cat" erscheint zum ersten Mal. Verleger ist N.A. Burton.
"Pussy Cat" wird erst 25 Jahre später, 1989, eingestellt, als sich der Verleger zur Ruhe setzt.
("O" 2/1989, S. 4)

1964
Der Strafrechtler Claus Roxin vertritt in seiner Antrittsvorlesung als Professor die Auffassung, dass SM-Körperverletzungen gleich welcher Art immer sittenwidrig seien.
Lange Zeit bleibt dies in Deutschland die einzig geäußerte und somit herrschende Meinung.
(Rox64)
(Persönliche Mitteilung Dr. V. Sitzmann)

1965
Seit 1950 sind 45.000 Männer nach der unveränderten NS-Fassung des § 175 verurteilt worden, mehr als viermal so viel wie in der Weimarer Republik.
(www.gayshow.de/wissen/geschichte5.htm)

1965
"Die sexuellen Minderheiten", ein Buch des schwedischen Psychiaters Lars Ullerstam, erscheint in deutscher Übersetzung. Der ungewöhnlich liberal argumentierende Autor verteidigt das Recht jedes Menschen, individuelle sexuelle Abweichungen auszuleben, soweit die Gesellschaft dabei keinen Schaden nehme. "Über die Algolagnie (Schmerzlust)", schreibt er, "wissen wir so gut wie nichts, auch wenn sehr viel darüber geschrieben worden ist. (...) Die einzige sichere Kenntnis über die Algolagnie, die wir besitzen, ist das Wissen darum, dass sie große Glücksmöglichkeiten in sich birgt."
Ullerstams Abhandlung bleibt für viele Jahrzehnte eines der aufgeschlossensten Bücher über sexuelle Abweichungen.
(Ull65)

1965
In den USA erscheinen erstmals zwei unzensierte, vollständige Übersetzungen der 12. Auflage von Krafft-Ebings "Psychopathia Sexualis". Auch die lateinischen Passagen sind in beiden Ausgaben übersetzt.
(Kra65)
(Kra65a)

1965
Der japanische Bondage-Meister Osada Sensei gibt in Tokio zum ersten Mal eine öffentliche Performance.
Er tritt noch im Jahr 2000 - im Alter von 75 Jahren - auf.
(Schlagzeilen Heft 52 Seite 74)

1965
In der 8. Ausgabe der "International Classification of Diseases" (ICD-8) wird die Kategorie "Sexual deviation" (Sexuelle Abweichung) erstmals untergliedert.
Die Einteilung bleibt bis ICD-10 in ihren Grundzügen unverändert.
(WHO65)

Ab Mitte der 60er Jahre
Die Therapie von Homosexuellen wird um eine chirurgische Variante erweitert. Durch gezielte Zerstörung von Teilen des Zwischenhirns soll abweichendes sexuelles Verhalten behoben werden.
Das in Tierexperimenten entwickelte Verfahren wird in Hamburg, Freiburg, Göttingen, Frankfurt und Homburg bis Ende der siebziger Jahre angewendet.
(Stümke, Hans-Georg: "Homosexuelle in Deutschland: Eine politische Geschichte", C.H. Beck, München 1989, S. 155)

1966
Der Verleger und spätere "Olympia Press"-Gründer Jörg Schröder erwirbt für den Melzer Verlag die deutschen Rechte an der "Geschichte der O". Es erweist sich als ausgesprochen schwierig, eine Druckerei für das Buch zu finden.
(Schröder, Jörg "Siegfried" März Verlag KG, Frankfurt am Main 1972, S. 150ff.)

1966
Der erste schwule Lederclub in Europa entsteht: der Sixty-Nine Club in London.
(Angaben der MS Panther Köln unter http://home.t-online.de/home/essip-np/panther.htm)

1966
Der Künstler Andy Warhol gründet mit den Musikern Lou Reed, John Cale, Sterling Morrison und Maureen Tucker die Gruppe "The Velvet Underground", benannt nach einem SM-Roman von Michael Leigh.
Das erste Album erscheint 1967. Im krassen Gegensatz zur Flower-Power-Bewegung tritt die Gruppe in schwarzem Leder auf. Von "The Velvet Underground" stammen einige Songs mit SM-Bezug; am bekanntesten ist wohl "Venus in Furs".
(Lei63)
(Quelle für die Namenswahl FEHLT.)

1966
Die US-Gynäkologen H. Masters und Virginia Johnson veröffentlichen die Arbeit "Human Sexual Response", die erste umfassende wissenschaftliche Untersuchung der Physiologie der menschlichen Sexualität.
(Hae92)

1966
Der amerikanische Philosophie-Professor John Frederick Lange Jr., besser bekannt unter dem Pseudonym John Norman, veröffentlicht das Buch "Tarnsman of Gor". In nachfolgenden Romanen wird mit großem Detailreichtum der Planet Gor beschrieben, auf dem die Frauen dem Männern untertan sind. Die Umschlagseiten der ersten Ausgaben werden vom Fantasy-Künstler Boris Vallejo gestaltet.
Einzelne Begriffe aus dem Gor-Universum werden von Sadomasochisten übernommen. Die deutschen Übersetzungen werden entweder direkt von der BPjS indiziert oder nur in stark gekürzter Version veröffentlicht; bis September 1989 werden von 19 auf deutsch erschienenen Büchern 11 indiziert.
(Schlagzeilen Heft 4, September 1989, S. 30-31)
(Nicholls, Peter "The Science Fiction Encyclopedia", Dolphin Books New York 1979, S. 430)
(Vallejo, Boris "The Fantastic Art of Boris Vallejo", Ballantine Books New York 1978)
(BPjS93, S. 28)

1966
Der amerikanische Psychologe Paul J. Gillette veröffentlicht "Psychodynamics of Unconventional Sex Behavior and Unusual Practices", ein Buch, das sich ausdrücklich an den Laien wendet.
Gillette distanziert sich ausdrücklich und teilweise polemisch von den Methoden, mit denen die Psychiatrie den sexuellen Normabweichungen im allgemeinen begegnet. Er stützt sich zum großen Teil auf bereits von Krafft-Ebing kolportierte Fälle und trägt wenig zur Theoriebildung bei. Sein Verdienst liegt darin, dass er den Paraphilien unvoreingenommen gegenübertritt und auf die Schwächen der vorhandenen Theorien hinweist. Eine deutsche Übersetzung erscheint 1967 unter dem etwas reißerischeren Titel "Abartiges Sexualverhalten und ungewöhnliche Sexualpraktiken".
(Gil66)
(Gil67)

1966
Irving Klaw stirbt an einer Blinddarmentzündung.
(Bie98, S. 102f.)

15. März 1967
Die Flagellantenzeitschrift "freies forum für erziehungsfragen" (www.ff.to) erscheint zum ersten Mal.
In den achtziger Jahren werden zahlreiche Ausgaben nach § 184(3) StGB beschlagnahmt.
(www.ff.to/seiten/information.htm)
(BPjS-Aktuell 2/99)

1967
In einer Umfrage unter 643 Deutschen zu sexuellen Minderheiten werden Sadisten als egoistisch, aggressiv, widerlich, unsympathisch, wild, strikt, dominant, hart, aktiv, kalt, krank, invertiert, pedantisch und verschlossen bezeichnet. Sie werden mit den Stereotypen von Mördern und Zuhältern in Verbindung gebracht. Studenten und Homosexuelle haben etwas weniger harte Ansichten als die Allgemeinbevölkerung. Die Einstellung zu Masochisten wird nicht erfasst.
(SS67)

1967
Die erste deutsche Übersetzung der "Geschichte der O" erscheint im Melzer Verlag. Käufer müssen ihren Personalausweis vorzeigen sowie schriftlich versichern, dass sie das 21. Lebensjahr vollendet haben und das Buch anderen nicht zugänglich machen werden.
Die BPjS indiziert diese Ausgabe im November 1967.
(Stu98)
(Deu98)
(BPjS93, S. 31)

1967
In Frankreich verfilmt Luis Buñuel den Roman "Belle de Jour" von Joseph Kessel (1929) mit Catherine Deneuve in der Hauptrolle. Die reiche Bürgersfrau Séverine (Deneuve) arbeitet heimlich in einem Luxusbordell, um ihre masochistischen Wünsche zu erfüllen, die ihr Ehemann Pierre weder verstehen noch erfüllen kann.
(Quelle fehlt)

1967
In Oswalt Kolles Aufklärungsbuch "Dein Mann, das unbekannte Wesen" findet sich das Kapitel "Mein Mann ist pervers".
Kolle stellt die Thematik insgesamt relativ unvoreingenommen dar: "'Jeder Topf findet seinen Deckel' heißt es im Volksmund." In Kolles ebenfalls 1967 erschienenem "Deine Frau, das unbekannte Wesen" gibt es kein entsprechendes Kapitel.
(Kur97, S. 278f.)

1967
Das deutsche Bundesverwaltungsgericht stellt fest: "Die Indizierung einer jugendgefährdenden Schrift (bzw. Filmes) kommt (...) fast ihrem Verbot gleich. Sie stellt eine empfindliche Beschränkung des Informationsrechtes der Erwachsenen dar."
(SS95, S. 64)

vor 1968
Als erster Rockmusiker macht der behinderte US-Sänger Gene Vincent schwarzes Leder zu seinem Markenzeichen. Die Idee geht auf den britischen TV-Produzenten Jack Good zurück, der Vincent nach dessen Übersiedlung nach Europa so im Fernsehen auftreten lässt. In Frankreich wird Vincent von seinem Landsmann Vince Taylor verklagt, der behauptet, der Kleidungsstil gehe auf ihn zurück.
(Farren, Mick "The black leather jacket" Abbeville Press New York 1985, S. 48)

1968
Die BPjS indiziert den Roman "Josefine Mutzenbacher - Die Lebensgeschichte einer wienerischen Dirne, von ihr selbst erzählt".
Als Verfasser des Romans gilt "Bambi"-Autor Felix Salten. 25 Jahre später wird der Roman kurzfristig legalisiert, dann aber von der BPjS gegen ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts 1992 erneut auf den Index gesetzt.
(BPjS93, S. 27)

Oktober 1968
In Köln wird der erste schwule Motorradsport-Club (MSC) Kontinentaleuropas, der MSC Köln, gegründet.
(Angaben der MS Panther Köln unter home.t-online.de/home/essip-np/panther.htm)

1968
In den USA veröffentlicht die APA die zweite Ausgabe ihres Diagnosehandbuchs (DSM-II). Es ist noch stärker als DSM-I an der Psychoanalyse orientiert. Homosexualität wird nun auch offiziell als Geisteskrankheit aufgelistet. Masochismus und Sadismus sind unter den "sexuellen Abweichungen" aufgeführt. DSM-II wird erstmals mit der achten Ausgabe der "International Classification of Diseases" (ICD-8) gekoppelt.
Durch die Verbindung von sexuellen Abweichungen mit einem Krankheitskompendium aus dem 19. Jahrhundert bekräftigt dieses Konzept zum Teil schon überholte Vorstellungen über das menschliche Sexualverhalten.
(APA68)
(Sho97, S. 299)
(Noy97, S. 19)

1968
In den USA veröffentlicht William Carney den Roman "The Real Thing", der in der schwulen SM-Subkultur spielt.
Der Roman hat großen Einfluss auf die schwule SM-Subkultur in den USA.
(Townsend, Larry "The Original Leatherman´s Handbook", LT Publications, Beverly Hills 1993, S. 262)

1968
Im Versuch, sein Hawaii-Hemd-Image los zu werden, tritt der US-Musiker Elvis Presley in einer Sendung des US-Fernsehsenders NBC erstmals von Kopf bis Fuß in schwarzem Leder auf.
(Farren, Mick "The black leather jacket" Abbeville Press New York 1985)

1968
Im deutschen StGB wird der Begriff "unzüchtige Schriften" durch "Pornographie" ersetzt.
(SS95, S. 18)

1968
Der schwule Lederstammtisch in Köln zieht in den Kohlenkeller eines Lokals um. Einladungen erfolgen aus Angst vor der Polizei mündlich. Am Eingang zum Keller steht immer eine Wache.
(Angaben der MS Panther Köln unter home.t-online.de/home/essip-np/panther.htm)

25. Juni 1969
Reform des deutschen StGB; der noch aus NS-Zeiten gültige § 175 wird entschärft. Es wird eine Schutzaltersgrenze eingeführt: Homosexualität bis 21 ist bedingt strafbar, ab 21 Jahren straffrei.
(hamburg.gay-web.de/chronik/brd2.shtml)

27./28. Juni 1969
In New York kommt es nach einer Razzia der Polizei in der Schwulenbar "Stonewall Inn" in der Christopher Street zu Straßenschlachten, in denen sich auch die Wut über Polizeiübergriffe auf und -Schikanen gegen Homosexuelle entlädt.
Zum ersten Jahrestag, dem "Christopher Street Day" 1970, erscheinen etwa 5.000 Schwulen und Lesben zu einer Parade. Sie markiert den Beginn der "Gay Pride" Bewegung, die sich offensiv gegen eine Benachteiligung von Homosexuellen in den USA einsetzt.
(hamburg.gay-web.de/chronik/brd2.shtml)
(Blazek, Helmut "Rosa Zeiten für rosa Liebe. Zur Geschichte der Homosexualität". Fischer Verlag Frankfurt am Main, November 1996, S. 270)

1. August 1969
Die BPjS indiziert einen auf 1000 numerierte Exemplare limitierten Privatdruck des im Original 1898 erschienenen Buchs "Rutenspiele und Liebesabenteuer der Miss Ophelia Cox. Modern sports in the Westend of London". Die Übersetzung enthält acht flagellantische Zeichnungen von H. Wenske.
(BPjS93, S. 33)

November 1969
Der MSC Köln veranstaltet ein erstes großes öffentliches Treffen mit über 100 Personen aus mehreren Ländern.
(Angaben der MS Panther Köln unter home.t-online.de/home/essip-np/panther.htm)

1969
Theodor Reik stirbt in New York, wo er bis zum Schluss als Psychoanalytiker tätig war.
(Reik, Theodor "Aus Leiden Freuden", Hoffmann und Campe 1977)

1969
Der britische Popkünstler Allen Jones stellt die Plastik "Hatstand" (Hutständer), einer Frau in Fetischkleidung aus, die als Möbelstück gebraucht werden soll. Zu der Serie gehören auch eine Frau als Tisch und als Stuhl.
Die Plastiken lösten Proteste von Feministinnen aus.
(Muthesius, Angelika (Hrsg) "Erotik in der Kunst des 20. Jahrhunderts", Benedikt Taschen Verlag 1992, S. 193)

1969
Unter dem Pseudonym Pauline Réage erscheint in Frankreich der Roman "Retour à Roissy" (dt. "Rückkehr nach Roissy"), eine Fortsetzung der "Geschichte der O".
Der zweite Teil gilt als deutlich schwächer als das Original und hat praktisch keinen Einfluss auf die Subkultur. Die BPjS indiziert das Buch im Mai 1982.
(Rea69)
(DR76)
(Stu98)
(Deu98)
(BPjS93, S. 31)

1969
Anton Szandor LaVey, Gründer der Satanskirche, veröffentlicht die Satanische Bibel, das erste grundlegende Werk einer Religion, in dem SM nach heutigem Verständnis erwähnt und bejaht wird. Zitat aus der deutschen Übersetzung: "Der Satanismus akzeptiert jede Art sexueller Betätigung zur Befriedigung persönlicher Bedürfnisse ... Er befürwortet auch jeden Fetisch und jede Abweichung, die der Bereicherung des Geschlechtslebens dient, solange niemand beteiligt ist, der nicht mitmachen möchte. Der Satanismus unterstützt jede Form des Sexualverhaltens, das einem gefällt, so lange niemand anderes dadurch verletzt wird. ... Wer versucht, seine Wünsche jemandem aufzuzwingen, der diese Annäherungsversuche nicht schätzt, verletzt dessen sexuelle Freiheit. Deshalb befürwortet der Satanismus keinesfalls Vergewaltigung, Kindesmißbrauch, sexuellen Mißbrauch von Tieren oder jeglichen anderen sexuellen Handlungen an Personen, die dies nicht wollen, oder die durch ihre Unwissenheit oder Naivität soweit eingeschüchtert oder fehlgeleitet sind, daß sie gegen ihren Willen handeln. Sind alle Beteiligten erwachsen und haben die notwendige Reife, die volle Verantwortung für ihre Handlungen zu übernehmen und freiwillig an einer bestimmten Variante der sexuellen Ausdrucksmöglichkeiten teilzunehmen - auch wenn dabei ein Tabu gebrochen wird - dann gibt es keinen Grund, diese Neigung zu unterdrücken."
(Szandor LaVey, Anton: "Die satanische Bibel", Second Sight Books, Berlin 1999)

ca. 1969
In Gelsenkirchen gründet Lutz Reinecke LGS, einen Laden für "Latexmode und bizarre Accessoires".
Der Laden dürfte damit der älteste seiner Art im deutschsprachigen Raum sein. 1986 wird Reinecke von Peter W. Czernich befragt, was er von dessen Plänen halte, ein Fetischmagazin (die deutsche Version des englischen "Skin Two") herauszugeben. Er erklärt, es gebe maximal 3000 Menschen in Deutschland, die sich für so etwas interessierten - eine Einschätzung, die bald widerlegt wird.
(Marquis 1/1994, S. 128)

1969
Der US-Anthropologe Paul Gebhard veröffentlicht eine Studie über "Fetishism and Sadomasochism", in der SM in einen kulturellen Zusammenhang gesetzt wird. Sadomasochismus wird als das Ergebnis von kulturellen Einflüssen und "scripted behaviour" (rollenspielartiges Verhalten) gesehen.
Die Studie bricht erstmals wieder mit dem von Krafft-Ebing vorgestellten Bild und bereitet den Weg für soziologische Studien über SM.
(Weinberg, Thomas S. "Sadomasochism. Studies in Dominance and Submission" Prometheus Books, S. 20)

1969
Der Sexualwissenschaftler Paul H. Gebhard schreibt: "Jene Fetischisten und Sadomasochisten, die nicht mit dem Gesetz in Berührung gekommen sind, oder klinischen Untersuchungen unterzogen wurden, bleiben eine unbekannte Mehrheit. In unserem gegenwärtigen Kenntnisstand kann das Institute of Sex Research keine von faktischen Daten untermauerte begründete Theorie (über den Sadomasochismus) vorlegen."
An diesem Zustand ändert sich bis ans Ende des 20. Jahrhunderts nicht viel.
(Gebhard, Paul H., "Fetishism and Sadomasochism", in: "Dynamics of Deviant Sexuality", Vol. XV in Science and Psychoanalysis, 1969. Zitiert nach FEHLT.)

1960-1969 - Veröffentlichungen ohne eigenen Eintrag
Siehe 1960-1969.


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